Wer jetzt arm wird, kriegt kein billigeres Essen – Helfer am Limit
«Tischlein deck dich» verteilt gerettete Lebensmittel an armutsbetroffene Menschen. Seit der Corona-Pandemie ist der Druck deutlich stärker geworden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Rentnerin Monika Steiger berichtete auf SRF, wie «Tischlein deck dich» ihr hilft.
- Allerdings beklagt sie auch, es werde nicht mehr so viel Essen herausgegeben wie früher.
- Die Organisation erklärt, der Bedarf habe mit der Corona-Pandemie zugenommen.
Monika Steiger ist seit der SRF-Sendung «Mona mittendrin» schweizweit bekannt. Dort erzählte sie von ihrem Leben in Altersarmut. Zum Leben erhält die 75-Jährige im Monat bloss 1100 Franken. Seit dem Tod ihres Ehemannes war sie auf «Tischlein deck dich» angewiesen.
Die Nonprofit-Organisation hat es sich als Ziel gesetzt, Foodwaste zu bekämpfen. So wurden im Jahr 2022 rund 6000 Tonnen einwandfreie Lebensmittel gerettet. Diese verteilt der Verein wöchentlich an rund 31'400 armutsbetroffene Menschen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein.
Steiger, die inzwischen dank eines Crowdfundings keine Schulden mehr hat, erklärte bei «Talk Täglich»: «Dank ‹Tischlein deck dich›» habe sie es mit ihrer Minimalrente über die Runden geschafft.
Bedarf wegen Corona-Pandemie gestiegen
Mit einer Bezugskarte können armutsbetroffene Menschen einmal pro Woche an einem der Standorte Lebensmittel abholen. Als Steiger damit anfing, mit ihrem Wägeli dort Essen zu holen, sei dieses noch vollständig gefüllt worden.
Aber: «Jetzt wird es nur noch zu einem Viertel gefüllt», so die Rentnerin. Denn: Es habe nun viel mehr Menschen, die das Angebot nutzen.
Reto Schlegel, Kommunikationsleiter von «Tischlein deck dich», bestätigt gegenüber Nau.ch, der Druck auf die Abgabestellen habe zugenommen. «Bei 80 Prozent der rund 150 Abgabestellen werden keine neuen Kundenkarten mehr herausgegeben», so Schlegel.
Heisst: Nur die Personen, die bereits über entsprechende Karten verfügen, können weiterhin Essen holen. Wer jetzt also arm wird, kriegt keine günstigeren Lebensmittel mehr.
«Die logistische Kapazität ist erreicht», erklärt Schlegel. «Wir wollen die Leute, die Anrecht auf unsere Lebensmittelhilfe haben, respektvoll behandeln. Alle sollen genug bekommen.»
Trotzdem gab es sogar Tage, in denen es «nicht viel gab» und Menschen enttäuscht wurden, wie er sagt. Denn der Bedarf sei aufgrund der Corona-Pandemie und anderer Gründe gestiegen. «Leider mussten wir deshalb einen Ausgabestopp von neuen Kundenkarten vornehmen.»
Bei der Entscheidung, wer bei «Tischlein deck dich» Lebensmittel abholen darf, setzt die Organisation auf Sozialfachstellen.
Schlegel betont: Bei «Tischlein deck dich» könne man nicht auf jedes Einzelschicksal eingehen. «Der Fokus liegt auf Lebensmittelrettung und Lebensmittelhilfe für rund 31'000 Menschen Woche für Woche in der ganzen Schweiz.»
Das Angebot sei als Entlastung von armutsbetroffenen Personen und Familien gedacht. Pro Woche werden vier bis sechs Kilo pro Person abgegeben – einen Wocheneinkauf ersetze das nicht.