Woher kommt der Hass im Internet?
Der Hass im Netz nimmt in der Schweiz stark zu. Die Ursachen dafür liegen oft in der «Offline-Welt», etwa bei der Globalisierungs-Angst.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Hass im Internet in der Schweiz hat massiv zugenommen.
- Ein Soziologe warnt davor, das Internet zu beschuldigen.
Laut der jüngsten schweizweiten Kriminalitätsstatistik hat in den letzten neun Jahren der Hass im Netz massiv zugenommen. Zum selben Schluss kommt der Antisemitismus-Bericht 2018. Doch Internetsoziologe Stephan Humer warnt davon, das Internet als Schuldigen auszumachen.
«Das Internet kann höchstens verstärken oder abschwächen», sagt der studierte Soziologe und Informatiker. Im Netz sei der Hass so präsent, weil nur eine Ebene gesehen werde. Also Text oder Video, nie aber alle Facetten der menschlichen Kommunikation wie Mimik oder Gestik.
«Der Kontext fehlt», so Humer. Durch das Fehlen komme es zu mehr Irritationen, was wiederum zu den heftigen Reaktionen führe. Die Ursprünge liegen laut dem Internetsoziologen oft in der realen Welt.
Polarisierung der Politik ist eine Ursache
Die europaweite Polarisierung der Politik und die grossen Revolutionen wie die Globalisierung und Digitalisierung sorgten für Unsicherheit. Humer: «Diese Angst kann im Internet oftmals auch nicht gelöst werden, so dass sich die Probleme eher noch verstärken.»
Populisten würden genau diese Ängste bedienen. Humers Lösungsansatz: Internet-Kompetenzen fördern. «Das Internet ist nur das, was wir daraus machen», sagt Humer. Genau dort setzt die Facebookgruppe «Meldezentrale für Eidgenossen» an.
Die Betreiber der Seite melden diskriminierende Inhalte auf dem sozialen Netzwerk. Darunter Posts oder Kommentare. «Hass ist auf Facebook schnell gezüchtet», sagt ein Mitglied. Sie sehen die Verantwortung eindeutig bei den Facebook-Seitenbetreibern.
Einzelne säen bewusst die Hetz-Saat
Immer wieder werden Politiker wegen der «Meldezentrale» von Facebook verbannt. Seitdem sei es besser geworden. Einige Politiker würden aber bewusst selber hetzen oder aber Post verfassen, die zur Hetze einlade.
Doch im Wahljahr könne sich kein Politiker erlauben, 30 Tage gesperrt zu sein. Deshalb nehmen grenzwertige Kommentare leicht ab. Unter anderem wurde die Aargauer SVP-Grossrätin Nicole Müller-Boder wegen der «Meldestelle» vorübergehend von Facebook gesperrt.
Die Betreiber der Seite engagieren sich, weil ihrer Meinung nach der Hass im Netz eine Gefahr für die Demokratie und das Miteinander sei. «Wir müssen hier in der Schweiz, so verschieden wir sind, zusammenleben», sagt das Kollektiv. Für Hetze gegen Minderheiten habe es deshalb kein Platz.