In Neuseeland kam es heute zu einem rechtsextremen Terroranschlag. Ein Soziologe erklärt, wie es zur Radikalisierung kommt und wie solche Menschen denken.
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Ein Polizist patrouilliert hinter einem Absperrband in der Nähe einer Moschee im Zentrum von Christchurch. - DPA

Das Wichtigste in Kürze

  • In Neuseeland ereignete sich heute Freitag ein rechtsextremer Terroranschlag.
  • Ein Soziologe erklärt, wie es zu einer solchen Tat kommen kann.
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In Neuseeland, genauer in der Stadt Christchurch, kam es zu einem rechtsextremen Anschlag. Knapp 50 Menschen wurden umgebracht, nochmals 50 wurden schwer verletzt.

Einer der mutmasslichen Täter verfasste ein Bekennerschreiben, in dem er seine rechtsextreme Weltsicht kundtut. Wie radikalisieren sich solche Personen?

Dirk Baier
Professor Dirk Baier forscht am Institut für Delinquenz und Kriminalprävention der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. - ZHAW

«Ich denke, dass der Täter bereits früh in Kontakt mit ausländerfeindlichem, rechtsextremem Gedankengut gekommen ist», sagt der Soziologie Dirk Baier, der an der Zürcher Hochschule zu Extremismus und Gewaltkriminalität forscht. Damit sei der Grundstein für eine «allmähliche Radikalisierung» gelegt worden.

Mangel an Einfühlungsvermögen

Baier geht davon aus, dass der Täter negative Erfahrungen in Kindheit und Jugend hatte. «Etwa fehlende Zuwendung in der Familie oder wenig Freunde», sagt der 42-Jährige.

So fehle es «fundamental» an Einfühlungsvermögen. Eine psychische Auffälligkeit, etwa Schizophrenie oder Paranoia, sei nicht auszuschliessen. Laut Baier weist ein Teil der Terroristen solche «Auffälligkeiten» auf.

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Hier liegt die neuseeländische Stadt Christchurch. - Keystone

Mit der Zeit müsse dann intensiver Kontakt mit Gleichgesinnten geherrscht haben. So verfestigte sich das Feindbild der Muslime. Es gebe aber keine pauschale Antwort, warum sich manche Menschen radikalisieren.

Jedoch sei eine Gruppe Gleichgesinnter ausschlaggebend, «die sich von der Realität abkoppelt und in der die Grenze des Erlaubten immer weiter verschoben wird.» Die Ideologie, in diesem Fall Rechtsextremismus, legitimiere dann in Kombination den Mord-Akt.

Christchurch Attentäter wollte Aufmerksamkeit

Der mutmassliche Täter streamte ein Video seiner Tat auf Facebook und veröffentlichte ein Manifest. Die Öffentlichkeit wurde von ihm forciert, wie Baier sagt. Weiter: «Es ging ihm sicher darum, eine Art Krieg gegen die Muslime auszulösen.»

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Die Polizei steht vor einer Moschee im Zentrum von Christchurch. - DPA

In gewissen Teilen des Internets kriegt der Mann viel Zuspruch. Doch für Baier ist klar, dass das Internet in Bezug auf eine Radikalisierung überschätzt wird. Das Internet sei nur ein Mittel des Kontaktaufbaus und des Informationsaustausches.

Neuseeland liegt knapp 19'000 Kilometer von der Schweiz entfernt. Aber: «Für die Schweiz bedeutet dieser Anschlag, dass das Thema Rechtsextremismus keinesfalls von der Tagesordnung verschwinden sollte» – auch wenn der islamistische Extremismus in den vergangenen Jahren medial präsenter war.

Entwarnung vor Terror-Angst

Gleichzeitig gibt Baier aber auch Entwarnung. Die politische und mediale Diskussion liesse den Eindruck entstehen, dass wir in Europa einem ständigen Risiko ausgesetzt seien. Faktisch ist die Anzahl Terror-Anschläge weltweit rückläufig. Zudem finden eine Mehrheit der Anschläge in Afrika und dem arabischen Raum statt.

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Polizei-Absperrung in Christchurch nach dem Terror-Anschlag. - AFP

Der Soziologe plädiert für eine Zurückhaltung bei der Themen-Kommunikation sowie für eine aktive Präventionsarbeit für Jugendliche. «Diese verhindert, dass sich junge Menschen derart von den Grundwerten eines demokratischen Zusammenlebens entfernen.»

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