Zeugen schildern Gewalttat vor dem Bezirksgericht Brugg AG
Am Bezirksgericht Brugg AG hat am Dienstag der Prozess gegen einen 53-Jährigen begonnen. Er wird des Mordversuchs an seiner Tochter beschuldigt.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Dienstag hat am Bezirksgericht Brugg AG der Prozess gegen einen 53-Jährigen begonnen.
- Dem Mann wird vorgeworfen, im Sommer 2019 versucht zu haben, seine Tochter zu ermorden.
Am Bezirksgericht Brugg AG hat am Dienstag die Verhandlung gegen einen 53-jährigen Mann begonnen. Ihm wird vorgeworfen, er habe im August 2019 versucht, seine damals vierjährige Tochter zu ermorden.
Der Beschuldigte machte von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch. Wenige Tage vor der Tat war eine Wegweisungsverfügung gegen den Beschuldigten abgelaufen.
Am frühen Nachmittag des 17. August, einem Samstag, fuhr seine Partnerin mit der gemeinsamen Tochter und der Grossmutter im Bus Richtung Innenstadt Brugg. Der Beschuldigte, der an einer Bushaltestelle gewartet hatte, stieg auch zu und fuhr mit ihnen zum Einkaufszentrum Neumarkt.
Zeugen sagten aus, in der Unterführung zum Zentrum habe die Familie offenbar verbal gestritten. Ein Zeuge erzählte, er habe gesehen, dass der Mann plötzlich «etwas» packte, hoch über den Kopf hob und zu Boden schmetterte. Anschliessend soll er den vermeintlichen Gegenstand nochmals aufgehoben und erneut zu Boden geschleudert haben.
«Hörte Knochen brechen»
Erst da habe er verstanden, dass es sich um ein Kind handelte. «Ich hörte Knochen brechen.» Auch ein weiterer Zeuge schilderte die «brutale Tat». Der Täter habe das Kind «mit voller Wucht» zu Boden geschleudert. Die beiden Männer drängten ihn weg und hielten ihn fest, bis die Polizei kam.
Eine Angestellte aus der benachbarten Drogerie brachte das Mädchen in Sicherheit. Mit schweren Kopfverletzungen wurde es ins Spital geflogen. Es überlebte. Ihm gehe es heute «den Umständen entsprechend gut», sagte eine Angehörige.
Der heute 53-jährige Beschuldigte stammt aus dem kurdischen Teil des Irak. Auf die Fragen des Gerichtsvorsitzenden zu seinem Leben verweigerte er jegliche Aussage. Laut dem psychiatrischen Gutachter hat der Mann weder Schulabschluss noch Ausbildung. Seine Intelligenz sei vermindert.
Mit 18 Jahren trat der Beschuldigte laut Gutachter einer bewaffneten kurdischen Miliz bei und nahm an bewaffneten Kämpfen teil. Mit 31 Jahren immigrierte er in die Schweiz. Er hatte Anpassungsschwierigkeiten und blieb sozial isoliert. 2008 widersetzte er sich erfolgreich einer Ausschaffung.
Wie der Psychiater ausführte, war der Beschuldigte in mehreren früheren Beziehungen in schwierigen Situationen gegenüber der jeweiligen Partnerin aggressiv. Dies habe auch zu polizeilichen Interventionen geführt. Gegenüber seiner kleinen Tochter habe er vor der Tat nie Drohungen ausgestossen oder Gewalt angewandt.
Mehrmals in stationärer psychiatrischer Behandlung
Der Beschuldigte war schon mehrmals in stationärer psychiatrischer Behandlung. Das Risiko, dass er auch in künftigen Beziehungen gewalttätig wird, stufte der Gutachter als hoch ein. «Er hat ausgesprochene Schwierigkeiten, in einer Partnerschaften adäquat zu reagieren.» Das Risiko, dass er Unbekannte angreife, sei dagegen gering.
Die Staatsanwältin fordert eine Verurteilung wegen versuchten Mordes, schwerer Körperverletzung, Beschimpfung und Drohung. Sie beantragt eine Freiheitsstrafe von 20 Jahren.
Anschliessend soll der Iraker für 15 Jahre des Landes verwiesen werden. Die Sperre soll für den gesamten Schengenraum gelten. Die Anträge der Verteidigung sind noch nicht bekannt.
Aus Platzgründen findet die Verhandlung in einem grossen Saal der Kantonspolizei in Schafisheim AG statt. Am Mittwoch wird der Beschuldigte zu den Anklagepunkten befragt.
Gemäss seinem Verteidiger wird er auch dann keine Aussagen machen. Anschliessend beginnen die Plädoyers. Die Urteilseröffnung ist für Freitagnachmittag vorgesehen.