Die Zürcher Europaallee stinkt bald. Schuld sind weibliche Ginkgos, deren Samen einen fiesen Geruch verströmen. Eingepflanzt wurden aber eigentlich männliche.
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Die Zürcher Europaallee stinkt bald fies - wegen Bäumen. - Instagram

Das Wichtigste in Kürze

  • An der Zürcher Europaallee wurden Ginkgos angepflanzt – männliche.
  • Einige entpuppten sich Anfang Frühling allerdings als weibliche Pflanzen.
  • Deren Samen verströmen einen markanten Geruch.
  • Wie das Problem gelöst werden kann, ist unklar.
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Der renommierter Zürcher Landschaftsarchitekt Stefan Rotzler setzte sich durch – jetzt dürfte er es bereuen.

Denn erst gabs Gelächter, als er vorschlug, die Zürcher Europaallee mit Ginkgos zu bepflanzen. Der Grund: Die Samen weiblicher Ginkgos riechen stark nach Buttersäure – ein Duft ähnlich wie Erbrochenes oder ranzige Milchprodukte.

Trotzdem konnte Rotzler seine Kollegen überzeugen, berichtet der «TagesAnzeiger». Er argumentierte mit dem praktischen Nutzen für das Reinigungsteam. Denn im Herbst muss das Team weniger putzen, weil diese Bäume innerhalb von nur wenigen Tagen alle Blätter abwerfen. Rotzler versprach hoch und heilig, nur männliche Bäume zu pflanzen.

Keine 100-prozentige Treffersicherheit

Jetzt, zwölf Jahre später zeigt sich jedoch: Nicht alle 76 gepflanzten Ginkgos an der Europaallee sind männlich. Einige haben sich als weiblich entpuppt – und drohen nun ihren markanten Geruch zu verbreiten. Wie konnte das passieren?

Es gibt zwei mögliche Erklärungen. Rotzler erinnert sich, dass die Bäume international ausgeschrieben werden mussten, da eine grosse Menge benötigt wurde. Bei der Auswahl der Jungbäume in einer Baumschule in Südholland war ihr Geschlecht jedoch unmöglich zu bestimmen. Sie waren nämlich noch nicht reif.

Gingko-Blätter
Einige der Ginkgos entlang der Zürcher Europaallee haben sich als weibliche Bäume entpuppt.
Samen eines Ginkgos
Nun verbreiten ihre Samen einen markanten Geruch auf der Passage. Er erinnert an Erbrochenes oder ranzige Milchprodukte.
Ginkgo-Blätter
Dabei hatten Landschaftsarchitekten bei der Auswahl extra auf das Geschlecht der Ginkgos geachtet. Männliche Bäume dieser Art sollen ihre Blätter im Herbst zum Beispiel früher abwerfen.

«Experten haben festgestellt, dass männliche Bäume ihre Blätter im Herbst drei bis vier Wochen früher abwerfen», sagt Matthias Krebs. Das Wissen hätten er und das Winterthurer Landschaftsarchitekturbüro Krebs und Herde bei der Suche angewandt. «Wie man sieht, nicht mit 100-prozentiger Treffersicherheit», führt er aus.

Geschlechtswechsel bei den Ginkgos

Allerdings deuten neuere Forschungen auch darauf hin, dass Ginkgos ihr Geschlecht ändern können. So kam 2016 ein japanisches Forschungsteam zu dem Schluss: «Dass ein Teil eines ansonsten männlichen Ginkgo-Baums zur Samenbildung übergeht, ist möglicherweise häufiger als bisher angenommen».

Dies könnte auf eine Besonderheit des Ginkgos zurückzuführen sein. Heute sind die Bäume zweihäusig – es gibt also männliche und weibliche Exemplare. Diese Zweihäusigkeit hat sich aber aus einhäusigen Vorfahren entwickelt, bei denen Samen- und Pollenblüten an verschiedenen Teilen derselben Pflanze waren. Es scheint also, dass einige Ginkgos in ihrer Geschlechtsidentität quasi zu ihren Wurzeln zurückkehren.

Kennen Sie den markanten Geruch, den die Samen von weiblichen Ginkgo-Bäumen verströmen?

Die weiblichen Ginkgos an der Europaallee könnten dazu gehören. Sie lassen sich nicht auf ein fixes Geschlecht festlegen und machen ihrem deutschen Namen alle Ehre: Mädchenhaarbaum.

Vertragliche Absicherung für Europaallee

Die gute Nachricht: Rotzler hat vorgesorgt. Im Vertrag mit der Baumschule wurde festgehalten, dass diese zwanzig Bäume bereithalten muss, um weibliche Ginkgos zu ersetzen. Wobei sich diese Klausel auf den Fall bezieht, dass solche irrtümlicherweise an die Europaallee geliefert wurden.

Was passiert, wenn männliche Bäume geliefert wurden, sie aber mittlerweile ihre weibliche Seite entdeckt haben, ist unklar.

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