Zürich-Baudirektor will Windräder bauen – auch gegen Gemeinde-Willen
Zürichs Baudirektor plant den Bau von Windkraftanlagen, auch gegen den Willen betroffener Gemeinden.
Der Zürcher Baudirektor Martin Neukom (Grüne) will im Kanton Zürich Dutzende von Windkraftanlagen bauen – wenn es sein muss auch gegen den Willen betroffener Gemeinden. Weil etliche der möglichen Standortgemeinden grosse Waldbesitzer sind, könnte das aber schwierig werden.
Die Frage, ob Gemeinden Windkraftprojekte auf ihrem Gebiet verhindern können, ist eines der heissen Eisen, wenn es um den geplanten Ausbau der Windenergie im Kanton Zürich geht.
Neukom, der sich für einen raschen Ausbau der Windenergie einsetzt, macht keinen Hehl daraus, dass er den Gemeinden kein eigentliches Vetorecht bei der Planung von Anlagen einräumen will.
Gemeindewillen und Infrastrukturprojekte
Das heisst: Wenn es hart auf hart kommt, sollen die Anlagen auch gegen den Willen der Standortgemeinden gebaut werden können. Das sei schliesslich auch beim Bau anderer Infrastrukturprojekte wie Strassen oder Deponien so, argumentiert der Baudirektor.
Gleichzeitig betont Neukom immer wieder, dass «ohne die Zustimmung der Grundeigentümer nichts geht». Interessant dabei ist, dass die Rolle der Gemeinden als Grundeigentümer in den Eignungsgebieten bisher aber kaum thematisiert wurde.
Rund drei Viertel der Flächen in den für den Richtplan vorgeschlagenen Eignungsgebieten sind Wald. Davon gehören wiederum etwas mehr als 40 Prozent den Gemeinden, wie Berechnungen der Nachrichtenagentur Keystone-SDA anhand der Geodaten des Kantons zeigen. Oft handelt es sich bei den Gemeindewäldern um grössere, zusammenhängende Flächen, teilweise gerade auf den Hügelzügen, die für Windkraftanlagen besonders interessant sind.
Waldbesitz der Gemeinden
Die Unterschiede zwischen den einzelnen möglichen Standorten sind gross: Es gibt solche, in denen der Eigentumsanteil der Gemeinden bei null liegt, und solche, in denen er fast 100 Prozent beträgt.
Je mehr Wald eine Gemeinde in Windpotenzialgebieten besitzt, desto besser kann sie sich wehren. Stellt sich eine Gemeinde mit einem relativ hohen Anteil quer, ist der Bau von grossen Windkraftanlagen dort also kaum möglich oder zumindest stark erschwert.
Ausgerechnet in zwei der drei grössten Eignungsgebiete ist der Eigentümeranteil der Gemeinden relativ hoch: Im Gebiet Stammerberg beträgt er 58 Prozent, im Gebiet Kleinandelfingen 61 Prozent. Im drittgrössten Gebiet bei Berg am Irchel liegt er bei noch 19 Prozent.
Möglichkeit zur Enteignung?
Zwar sieht Neukoms Entwurf grundsätzlich die Möglichkeit zur Enteignung von Grundstückseigentümern vor. Dies gilt aber nicht uneingeschränkt. «In der Praxis dürften Enteignungen vor allem bei Erschliessungsstrassen in Frage kommen», teilte ein Sprecher der Baudirektion der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.
Grossflächige Enteignungen für die eigentlichen Anlagenstandorte hingegen seien in der Praxis kaum vorstellbar. Die Gesetzesvorlage, die bis Ende Oktober in der Vernehmlassung ist, werde in diesem Punkt möglicherweise noch konkretisiert.
Die nächsten Schritte
Neukom präsentierte im Juli eine Auswahl von 20 Gebieten im Kanton Zürich, die sich gut für den Bau grosser Windkraftanlagen eignen würden. Diese Gebiete sollen durch den Kantonsrat im Richtplan eingetragen werden. Bis Ende Oktober läuft die öffentliche Auflage.
Zudem sollen mit einer Gesetzesrevision die Bewilligungsverfahren deutlich verkürzt werden. Dazu läuft derzeit die Vernehmlassung, die ebenfalls bis Ende Oktober dauert. Die Gesetzesrevision kommt anschliessend in den Kantonsrat und – falls das Referendum ergriffen wird – vors Volk.