Zürcher Kinderschutzgruppe meldet vermehrt vernachlässigte Kinder
Zunehmende Fälle von Kindesvernachlässigung erschüttern das Zürcher Kinderspital.

Bei der Kinderschutzgruppe des Zürcher Kinderspitals sind im vergangenen Jahr deutlich mehr Verdachtsfälle zu vernachlässigten Kindern gemeldet worden als in den Jahren zuvor. Vernachlässigungen machen mittlerweile ein Viertel aller Misshandlungsmeldungen aus.
Im Jahr 2017 wurden erst 11 Prozent der gemeldeten Fälle als Vernachlässigung erfasst. Seither sei es jedes Jahr zu einer Zunahme der Fallzahlen in dieser Kategorie gekommen, teilte die Kinderschutzgruppe am Donnerstag mit.
Zur Vernachlässigung gehören unter anderem Mangelernährung und unzureichende Hygiene. Aber auch emotionale und erzieherische Vernachlässigung wird dazu gezählt. Auch ein Kind, das wenig beaufsichtigt oder oft alleine sei, werde vernachlässigt.
Mögliche Gründe für den Anstieg
Weshalb die Fallzahlen über die letzten Jahre deutlich zunahmen, ist gemäss Kinderschutzgruppe nicht abschliessend klar. Möglich sei eine erhöhte Sensibilität für diese Misshandlungsform, eine reale Zunahme der Fälle oder eine Kombination aus beidem.
Ein erhöhtes Risiko für Vernachlässigung gibt es gemäss Kinderspital in Familien mit ungenügendem Einkommen. Armut verursache Stress, welcher die Eltern daran hindern könne, die materiellen oder emotionalen Bedürfnisse ihrer Kinder abzudecken. Auch Alkohol- und Drogenkonsum und psychische Erkrankungen sind Risikofaktoren.
Insgesamt registrierte die Kinderschutzgruppe im vergangenen Jahr 679 Fälle von möglichen Misshandlungen. Das sind 32 mehr als im Jahr 2022. In 123 Fällen konnte das Team am Kinderspital einen Missbrauch nicht sicher bestätigen, den Verdacht aber auch nicht ausräumen.
Entwicklung der Misshandlungsfälle
Die Zahl der körperlichen Misshandlungen ging im vergangenen Jahr leicht zurück, von 31 auf 27 Prozent der Meldungen. Die Fälle von sexuellem Missbrauch und psychischer Misshandlung blieben etwa stabil bei 27 respektive 17 Prozent der Verdachtsfälle.
Ebenfalls stabil blieben Fälle, in denen Kinder einem Risiko ausgesetzt wurden (3 Prozent) sowie Fälle von Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom, bei dem Eltern ihre Kinder absichtlich krank machen (1 Prozent).