Zürich: Ambulanzfahrer rettet Kind – und landet beinahe im Knast
Ein italienischer Rettungswagenfahrer raste im April 2020 für einen überlebenswichtigen Organtransport durch die Schweiz. Das hat Folgen.
Das Wichtigste in Kürze
- Für einen überlebenswichtigen Organtransport raste ein Ambulanzfahrer durch die Schweiz.
- Die Zürcher Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheits- und Geldstrafe.
- Der italienische Rettungsfahrer erhält vollständigen Freispruch.
Ein 13-jähriger behinderter Junge, der in einem Genueser Krankenhaus lag, benötigte dringend eine Nierenspende. Das passende Organ war verfügbar, befand sich aber im Universitätsspital Zürich – mehr als 330 Kilometer entfernt.
So erhielt ein 42-jähriger Bauarbeiter aus Genua, nebenbei freiwilliger Ambulanzfahrer, im April 2020 den verzweifelten Aufruf «Codice Rosso».
Am dritten Tag des Covid-19-Shutdowns war es der Schweiz laut «NZZ» unmöglich, das Organ selbst oder per Flug zu transportieren. Trotzdem begab sich der freiwillige Ambulanzfahrer während der Pandemie nach Zürich.
Er fuhr mit Blaulicht und Sirenen von Genua bis in die Schweiz. Nach kurzer Pause brachte er die Niere nach Italien über die Gotthardstrecke und durch die Alpen ins Tessin.
Rettungsfahrt mit gravierenden Konsequenzen
Ungefähr zehn Stunden nachdem der «Codice Rosso» ausgerufen worden war, lag die Spenderniere auf einem Operationstisch in Genua bereit. Gerade rechtzeitig, um dem 13-jährigen Patienten eingesetzt zu werden.
Was er jedoch nicht ahnte, war, dass seine lebensrettende Fahrt rechtliche Folgen nach sich ziehen würde. Auf seinem Weg hatte er zahlreiche Radarkameras ausgelöst und war deutlich über dem Geschwindigkeitslimit gefahren. Die schlimmste Übertretung war eine Fahrt mit 106 km/h in einer 50er-Zone in Zürich.
Aufgrund seiner rasanten Fahrt forderte die Zürcher Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von 16 Monaten und eine Geldstrafe von 2000 Franken. Der Grund: eine grobe Verletzung der Verkehrsregeln.
Urteil: Vollständiger Freispruch
Trotz der schwierigen Umstände gab es für den freiwilligen Fahrer einen vollständigen Freispruch, so «NZZ». Das Zürcher Bezirksgericht bestätigte, dass alle Methode für den Transport unter Blaulicht erfüllt gewesen seien.
«Ich kann mich in meiner Zeit als Richter an keinen besseren Grund erinnern, so schnell zu fahren», erklärte der Richter Christoph Benninger. Die Staatsanwaltschaft hat vorsorglich Berufung eingereicht und wartet derzeit auf das schriftliche Urteil.
Für den Rettungsfahrer aus Genua bedeutet dieses Urteil zunächst eine Erleichterung, doch eine endgültige Entscheidung steht noch aus.
Für ihn ist klar: Hauptsache, der Bub ist gerettet!