Zuversichtlicher Ignazio Cassis im Kampf für Demokratie
Ignazio Cassis zeigt sich am Auslandsschweizer-Kongress in Lugano besorgt um die Demokratie. Doch der Bundespräsident verliert die Hoffnung nicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Bundespräsident Cassis betonte am Auslandsschweizer-Kongress die Bedeutung von Demokratie.
- Aktuell sei diese weltweit seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine bedroht.
- Die Zusammenarbeit der Staaten werde helfen, zeigt sich Ignazio Cassis zuversichtlich.
In seiner Rede am Auslandsschweizer-Kongress in Lugano zeigt sich Ignazio Cassis besorgt: «Seit einiger Zeit war spürbar, dass eine Epoche vermeintlicher Stabilität zu Ende geht.» Damit stellt der Bundespräsident Demokratie ins Zentrum seiner Rede. Diese habe weltweit zugenommen, doch der russische Angriffskrieg gehe man wieder mehr in Richtung Autokratie.
Der Aussenminister sagt weiter: «Der brutale Angriffskrieg einer Uno-Vetomacht gegen ein souveränes Land in Europa hat diesen Epochenwechsel beschleunigt. Wir leben heute in einer neuen Welt.» Die Friedensordnung in Europa sei durch Russlands Krieg zum Einsturz gebracht worden.
Das Völkerrecht werde nicht respektiert oder teilweise gar mit Füssen getreten. Aufstrebende Mächte grenzten sich vom Westen ab. Stattdessen propagierten sie alternative Gesellschafts- und Entwicklungsmodelle.
«Ich denke dabei natürlich vor allem an China», sagte Ignazio Cassis. Das Land zeige eine beispiellose wirtschaftliche Entwicklung, die aber weder auf Demokratie noch auf einer liberalen Marktwirtschaft beruhe.
Wirtschaftliche Lage überall kritisch
Die Globalisierung laufe derzeit insgesamt rückwärts, und die Weltwirtschaft leide. Der Schuldenberg habe «schwindelerregende Höhen» erreicht, die Inflation mache Entwicklungsfortschritte zunichte. Die explodierenden Nahrungsmittel- und Energiepreise verstärkten die Nöte vieler Menschen. In manchen Ländern des Südens drohten Hungerkrisen, und Europa ringe um eine sichere Energieversorgung.
«Multilaterale Lösungen für die grossen globalen Herausforderungen sind heute wichtiger denn je», sagte Ignazio Cassis. Aber viele internationale Organisationen täten sich schwer. Sie seien in einer anderen Zeit erschaffen worden.
Auch in Europa sähen sich liberale Demokratien mit Vertrauenskrisen konfrontiert. Populistische Strömungen seien seit der Finanzkrise 2008 immer wieder aufgeflammt und hätten nationale Parteienlandschaften umgepflügt. Die Demokratie und der liberale Fortschritt seien also alles andere als gesichert.
Demokratien seien heute aber nicht nur von aussen, sondern auch von innen bedroht. «Illiberale Kräfte zeigen sich teilweise bereit, die demokratischen Institutionen auszuhöhlen und wenn nötig zu Fall zu bringen», so Cassis. Von einer «Zeitenwende» zu sprechen, sei nicht übertrieben.
Zuversichtlicher Bundespräsident Ignazio Cassis
Doch er sei zuversichtlich: «Ich bin auch überzeugt, dass liberale Demokratien im Wettbewerb der Systeme nach wie vor ein paar Asse im Ärmel haben.» Zwar produzierten auch sie immer wieder Fehlleistungen. Aber sie könnten auch enorm leistungsfähig sein, das hätten sie immer wieder bewiesen.
«Vor allem liberale Demokratien verfügen über Korrekturmechanismen, mit denen Fehlentwicklungen justiert werden können. Der kritische Bürgerdialog ist eine ihrer grossen Stärken», sagte Cassis.
Es zeichne sich ab, dass das Ringen zwischen Demokratien und Autokratien in den nächsten Jahren prägend werde. Dem müsse der Bundesrat in seiner nächsten Aussenpolitischen Strategie Rechnung tragen, so Cassis. Diese Strategie für die Jahre 2024 bis 2027 werde er im kommenden Jahr verabschieden.
Brückenbauer Schweiz
«Um unsere grossen globalen Probleme bewältigen zu können, müssen alle Staaten zusammenarbeiten. Dazu braucht es ein Minimum an Vertrauen – und Brückenbauer wie die Schweiz», sagte Cassis.
Um die Demokratie zu stärken und zukunftsfähig zu machen, spielen die Auslandschweizer aus Sicht des Bundespräsidenten eine wichtige Rolle. Denn: mit ihrem Blick von aussen und den Erfahrungen aus ihren Gastländern könnten sie oft wichtige neue Erkenntnisse zutage fördern. Dies betonte er an deren Kongress in Lugano.