Alltagskolumne: Wenn das ersteigerte Fässlein überläuft
Der Gatte hat etwas ersteigert und die Gattin muss das Produkt abholen. Vielleicht sollte man sich zuerst vergewissern, dass man alles richtig verstanden hat.

Das Wichtigste in Kürze
- Viviana Hartmann schreibt über Alltägliches und Gewöhnliches.
- Zu ihrer Familie gehören Mann, zwei Kinder, Hund und Katze.
- Für Nau.ch erzählt sie, wie ein Fahrdienst für reichlich Unmut sorgte.
Vor einigen Wochen habe ich meinem Mann einen Fahrdienst zugesagt, da ich im Gegensatz zu ihm mehr Zeit für solche Dinge habe. Er hatte auf Ricardo drei leere Weinfässlein ersteigert. Man merke sich an dieser Stelle die Verkleinerungsform, Fässlein ...
Der Verkäufer wohnte nicht gerade ums Eck, und so nahm ich die Fahrt in den Aargau trotz meiner Zusage etwas missmutig unter die Räder. Die Strecke ist ja nicht wirklich reizvoll, aber wenigstens fuhr ich antizyklisch, sprich, nicht zur Hauptverkehrszeit.
Wobei ich rasch bemerkte, dass es auf der A1 offenbar nur zwei Zeiten gibt: Stosszeit und noch mehr Stosszeit.
Ohne Kleinbus nach Rothrist
Mit Kaffeebecher, Gipfeli und Radio fuhr ich nun also nach Rothrist und kam auch pünktlich an. Der Typ, der diese Fässlein (!) verkauft, war bereits vor Ort und putzte gerade an einem solchen Teil herum.
Ich stieg aus und mein Blick fiel auf gefühlte hundert Fässer. Fässlein sah ich hingegen keine. Mich beschlich eine böse Vorahnung, die sich alsbald bestätigte: Mein Gatte hatte waschechte 228-Liter-Fässer gekauft, dreimal.
Unser Auto ist jedoch weder ein Lieferwagen noch ein Kleinbus, sondern ein eher schmal gebauter Van. Ich schluckte leer, denn mir war sofort klar, dass da nie und nimmer drei solche Ungetüme Platz hatten.

Gift und Galle am Steuer
So war es denn auch, trotz heruntergeklappter Sitze gingen nur zwei rein, da konnte sich dieser nette Aargauer noch so bemühen, die Länge und Breite der Fässer auszumessen.
Er blieb easy – Kunststück, schliesslich war er ja nicht derjenige, der diese doofe Reise ein zweites Mal antreten würde.
Auf dem Heimweg spuckte ich Gift und Galle. Am Abend spuckte ich noch ein wenig mehr, als mein Mann meinte, da hätten doch sicher alle drei Fässer Platz gehabt.
In die Landi statt ins Aargau
Doch das Fass zum Überlaufen (ha! Was für ein Wortspiel!) brachte die Anmerkung eines Kollegen, den wir am selben Abend trafen.
Er, ein totaler Weinliebhaber und Fachkundiger, bestätigte mir erstens, dass auf keinen Fall drei Fässer in unserem Auto Platz gehabt hätten, und meinte dann, solche Dinger gäbe es übrigens in der Landi, da müsse man nicht extra ins Aargau fahren dafür.
Ich war fassungslos. Mein Mann meinte kleinlaut, er habe extra danach gegoogelt, aber die Landi habe es ihm nicht angezeigt.
Wenigstens brauchte beim zweiten Mal das Navi nicht einzustellen, kannte ja nun den Weg bestens ...
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Zur Autorin der Nau-Alltagsgeschichten:
Viviana Hartmann lebt mit ihrer Familie im Zürcher Oberland. Als Primarlehrerin, Mutter, Ehefrau, Tierbesitzerin und Schreiberin wird es ihr nicht langweilig. Sie ist überzeugt: Das Leben schreibt die besten Geschichten.