Daniel Koch: Die Schweiz muss verstärkt in die Ukraine investieren!
Laut Daniel Koch hat Europa begriffen, dass Ukraine-Finanzhilfen Investitionen in die eigene Sicherheit sind. Nun hofft er, dass auch die Schweiz investiert.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz soll ihre Finanzhilfe an die Ukraine verstärken.
- So würde gleichzeitig in die eigene Sicherheit investiert werden.
- Eine Kolumne von «Mister Corona» Daniel Koch.
Eine Waffenruhe in der Ukraine ist im Moment die grosse Hoffnung, die die Welt bewegt. Alle, die auf die eine oder andere Art unter dem Krieg in der Ukraine leiden, wünschen sich nichts sehnlicher als einen gerechten und dauerhaften Frieden. Selbst eine zeitlich beschränkte Waffenruhe würde für viele eine dringend benötigte Verschnaufpause und ein Aufatmen bedeuten.
Die ständigen Angriffe mit Raketen, Drohnen und Bomben, der häufige Luftalarm und die konstante Angst zermürben die Bevölkerung seit mehr als drei Jahren. Dazu kommt die Trauer um all die gefallenen Zivilisten und Soldaten, die Fürsorge, welche all die Verwundeten benötigen und die ständige Angst um das Wohlergehen der Liebsten.
Die Ukraine ist erschöpft, sie braucht diese Hoffnung auf eine Feuerpause, auch wenn dabei ein dauerhafter Frieden noch weit entfernt ist.

Das Problem ist, dass alles von den Worten und Interessen zweier egozentrischer Machtmenschen abhängt. Sowohl der russische Präsident Putin wie auch der amerikanische Präsident Trump sind notorische Lügner.

Ihre gesamte Politik wird den Eigeninteressen untergeordnet. Sie regieren ihre Länder als seien sie Privatbesitz und definieren Recht und Gerechtigkeit nach dem eigenen Gusto.
Alle anderen Betroffenen ihres «Deals», sei es der ukrainische Präsident oder auch die europäischen Staaten, werden zu Zulieferern und Dienstleistern degradiert.
Und trotzdem wünsche ich mir von ganzem Herzen, dass diese Waffenruhe kommt. Denn in einem hat Trump zweifelsohne recht: In diesem Krieg sterben täglich und unnötigerweise viel zu viele Menschen.

Die Wiederwahl des Präsidenten Donald Trump hat nicht nur viel Unsicherheit, Turbulenzen und zusätzliches Leid gebracht, sie hat auch viele Länder wachgerüttelt. Vor allem die EU und die europäischen Staaten haben reagiert und ihre Politik blitzschnell angepasst.
Sie investieren neu massiv in die Verteidigung und die Ukraine. Sie haben begriffen, dass es von ihnen abhängt, ob in einer neuen Weltordnung weiterhin demokratische Werte, Minderheitenschutz und Chancengleichheit eine Rolle spielen. Oder ob allein die Macht des Stärkeren regieren wird.
Selbst Deutschland hat eingesehen, dass das Instrument der Schuldenbremse nicht ein Allerheilmittel ist, um den Wohlstand zu sichern. Besondere Situationen, wie die Bedrohung der Sicherheit, brauchen auch finanzpolitische Anpassungen.
Nur die Schweiz schläft ihren Dornröschenschlaf weiter. Vielleicht glauben ewiggestrige Ideologen wirklich an das Märchen, dass der Märchenprinz Trump die Schweiz wachküssen wird und sie in ein goldenes Zeitalter führt. Dieser Froschkönig könnte sich unschwer als Kröte entpuppen, die hinunterzuschlucken eher eklig und schmerzhaft sein wird.
Die Schweiz ist keine Insel, sonst hätte Trump schon lange vorgeschlagen, sie zu kaufen. Die Schweiz ist in Europa und tut gut daran, sich so gut es geht zu integrieren.

Das heisst noch lange nicht, dass sie dadurch die militärische Neutralität aufgibt. Aber die Schweiz muss investieren und ihre rigide Schuldenbremsenpolitik erneut überdenken.
Ukraine-Finanzhilfen sind Investitionen in eigene Sicherheit
Eine Gelegenheit dazu hatte das Parlament in Bern diese Woche. Da standen zwei Motionen für eine verstärkte Finanzhilfe an die Ukraine auf der Traktandenliste.
Europa hat begriffen, dass Finanzhilfen für die Ukraine Investitionen in die eigene Sicherheit sind. Ich hoffe, dass die Mehrheit der Parlamentarier, wie Deutschland und der Rest von Europa, das auch so sieht und nicht glaubt, dass ein siegreiches Russland den Weltfrieden absichern würde.
Vorerst verzichtet die Schweiz aber darauf, die Ukraine-Hilfe aufzustocken. Der Nationalrat lehnte die beiden Vorstösse ab.
Zum Autor: Daniel Koch war zwischen 2008 und 2020 Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). Er ist der Öffentlichkeit als «Mister Corona» bekannt und schreibt nun regelmässig Kolumnen auf Nau.ch. Koch lebt im Kanton Bern und hat im letzten Jahr die Ukrainerin Natalia geheiratet.