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Dem Pelz geht’s an den Kragen: Fünf Gründe für ein Verbot

Sentience Politics
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Bern,

DJ Antoine sorgte mit Pelzbildern für Schlagzeilen. Gründe für ein Pelzverbot gibt es einige. Ein Sentience-Politics-Gastbeitrag.

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Pelzmäntel geraten immer wieder in die Negativschlagzeilen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • DJ Antoine posierte in Insta-Stories mit Pelzmänteln und sorgte damit für Schlagzeilen.
  • Es gibt mehrere Gründe, weshalb ein Verbot für Import und Verkauf von Pelz angezeigt ist.
  • Ein Gastbeitrag der Organisation Sentience Politics.

Vor wenigen Tagen machte DJ Antoine Schlagzeilen, als er sich in seinen Instagram-Stories in pompösen Pelzmänteln präsentierte. Die Reaktion seiner Follower folgte prompt – und sie war vermutlich nicht jene, die sich der Entertainer gewünscht hatte.

Dem Pelz geht’s an den Kragen: Fünf Gründe, wieso die Zeit für ein Import- und Verkaufsverbot von Pelz gekommen ist.

1. Pelzfarmen: Mittelalterliche Methoden und ungenügender Tierschutz

Etwa 85 Prozent der Felle der Pelzindustrie stammen von Tieren, die in Pelzfabriken leben. Diese Farmen beherbergen Tausende von Tieren in engen Käfigen. Wie bei anderen Formen der intensiven Nutztierhaltung sind die in Pelzfabriken angewandten Methoden darauf ausgelegt, den Gewinn zu maximieren – auf Kosten der Tiere.

Die am häufigsten gezüchteten Pelztiere sind Nerze, gefolgt von Füchsen. Luchse, Chinchillas und Marderhunde werden ebenfalls wegen ihres weichen Fells gezüchtet. Leider werden die Methoden der Pelzfarmen in den meisten Ländern kaum durch Tierschutzgesetze reguliert – die Tötungsmethoden sind entsprechend grausam.

Nerze coronavirus
Nerze stehen in ihren Käfigen in einem Bauernhof. - dpa

Da Pelzfarmen oftmals nur die Qualität des Fells erhalten wollen, wenden sie Tötungsmethoden an, die das Fell intakt halten, aber extremes Leid für die Tiere bedeuten. Kleine Tiere werden oftmals in Kisten gepfercht und mit heissen, ungefilterten Motorabgasen aus einem Lkw vergiftet. Motorabgase sind nicht immer tödlich, und einige Tiere wachen auf, während sie gehäutet werden.

Grösseren Tieren werden Klemmen oder Stangen in den Mund und Stangen in den After gepresst, und sie erhalten schmerzhafte Stromschläge. Andere Tiere werden mit Strychnin vergiftet, das sie durch Lähmung der Muskeln mit schmerzhaften, starren Krämpfen ersticken lässt. Vergasung oder forcierte Genickbrüche sind weitere gängige Tötungsmethoden auf Pelzfarmen.

2. Wildtiere: Dieses Tierleid muss nicht sein

Die knapp 15 Prozent der Felle, die nicht aus Pelzfabriken stammen, gehören wilden Tieren, die im Rahmen der Jagd getötet werden. Auch dieser Pelz kommt bei uns vor und ist im Winter sogar allgegenwärtig – an Canada-Goose-Jacken, mit dem Fellkragen als Markenzeichen. Was viele Kund*innen nicht wissen: Der Pelzbesatz, der die Kapuzen dieser Winterjacken säumt, stammt von wilden Kojoten, wolfsähnlichen Tieren, die zur Familie der Hunde gehören. Diese werden in ihren natürlichen Lebensräumen gefangen, getötet und gehäutet.

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So sehen Kojoten bei Tageslicht aus. - Keystone

Wilde Kojoten werden dabei mithilfe von schmerzhaften Stahlfallen gefangen, die ihre Pfoten einklemmen und oftmals schwer verletzen. Gefangene Muttertiere, die verzweifelt versuchen, zu ihren Jungen zu gelangen, sind dafür bekannt, zu versuchen, ihre eigenen Beine abzubeissen, um zu entkommen. Einmal gefangen, leiden die Tiere oft tagelang.

Diejenigen, die nicht der Witterung, ihrem Blutverlust, einer Infektion oder Raubtieren erliegen, werden erschossen, erschlagen oder auf eine andere grausame Weise getötet, wenn die Fallensteller*innen zurückkehren. Die gehäuteten Körper der Tiere werden danach oftmals einfach gedankenlos weggeworfen.

3. Die Schweiz ist mitschuldig

Der Gedanke, dass solche Methoden nur weit entfernt von uns gang und gäbe sind und dass solche Produkte sicher nicht in die Schweiz gelangen, mag verlockend sein. Leider ist das aber Wunschdenken.

Durch die billige Produktion in China, wo praktisch alle unsere Kragen und Mützen verarbeitet werden, ist Echtpelz heute günstiger als Falschpelz, weswegen falsche Deklarationen an der Tagesordnung liegen – auch in der Schweiz, wo die Deklarationspflicht absolut versagt hat. Wir importieren, kaufen und tragen oftmals Produkte, deren Produktionsmethoden in der Schweiz verboten sind und sogar den Tatbestand der Tierquälerei erfüllen.

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Vier von fünf Pelzverkaufsstellen haben ihre Ware nicht oder nur fehlerhaft deklariert. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung des Bundes. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA BELLA

Seit 2014 kennt die Schweiz eine Pelzdeklarationsverordnung (PDV). Eingeführt wurde diese mit dem erklärten Ziel der Sensibilisierung. Einerseits sollte Transparenz geschaffen, andererseits der Import tierquälerisch erzeugter Produkte von Beginn weg verhindert werden. Leider ist die PDV an allen Fronten gescheitert: Bis zu 70% der kontrollierten Geschäfte deklarieren ihre Pelzprodukte falsch oder gar nicht und Herkunft und Gewinnungsart werden durch schwammige Formulierungen auf der Etikette weiterhin verschleiert.

Statt aufzuklären, hat die PDV für noch mehr Verwirrung gesorgt und neue Schlupflöcher für Produzenten geschaffen. Und nach einer kürzlichen Überarbeitung ist es nun sogar zusätzlich erlaubt, das Produkt mit «Herkunft unbekannt» zu beschriften – mangelnde Transparenz, die schlicht skandalös ist.

4. Pelzindustrie: Virenschleuder und Umweltverschmutzer

Dass sich Krankheitserreger in der intensiven Nutztierhaltung stark vermehren und ausbreiten können, wissen wir spätestens seit der Schweinegrippe im Jahr 2009. Und wie wir 2020 in Dänemark gesehen haben, stimmt das auch für Pelzfarmen. Tödliche Krankheiten können sich an Orten, an denen Tiere auf engstem Raum gehalten oder getötet werden, auf Menschen übertragen.

Wie gefällt Ihnen der Gastbeitrag von Silvano Lieger?

Bei Millionen von Nerzen in Dänemark war das in Form einer Mutation des omnipräsenten Coronavirus der Fall. Die Lösung der dänischen Regierung? Sämtliche Nerze im Land töten lassen. Eine nachhaltigere Lösung wäre die Abschaffung einer Industrie, die solche Vorkommnisse überhaupt zulässt und einen Nährboden für zukünftige Pandemien bereitstellt.

Dänemark Coronavirus Nerz
Eine Baggerschaufel ist mit toten Nerzen gefüllt. - dpa

Entgegen der Propaganda der Pelzindustrie hat die Pelzproduktion zudem einen zerstörerischen Einfluss auf unsere Umwelt. Die Menge an Energie, die zur Produktion eines Pelzmantels aus Tierfellen benötigt wird, übersteigt jene für die Herstellung eines Kleidungsstücks aus Kunstpelz um das 20-fache. Pelz ist zudem aufgrund der chemischen Behandlung, die den natürlichen Verwesungsprozess stoppen soll, nicht biologisch abbaubar.

Ebendieser Prozess, bei welchem diese Chemikalien eingesetzt werden, ist ausserdem gefährlich, weil er in zahlreichen Regionen der Welt zu einer Verunreinigung des Wassers führen kann. Gleiches gilt für die Gülle, die durch die Fäkalien der Millionen Pelztiere produziert werden. Die hohen Phosphormengen haben verheerende Auswirkungen auf lokale Wasserökosysteme.

5. Verbote sind notwendig – und umsetzbar!

Ein gutes Beispiel für zukunftsweisende Entscheide sind die kalifornischen Städte San Francisco und Los Angeles. In den Städten wurde in den vergangenen drei Jahren ein komplettes Import- und Verkaufsverbot für Pelzprodukte durchgesetzt. Statt aufzugeben, experimentieren die Unternehmen nun mit anderen Produkten und Modetrends oder verlagern den Fokus bei der Kleidung auf Produkte ohne Pelz.

Ein Import- und Verkaufsverbot ist umsetzbar, schadet der lokalen Wirtschaft nicht und fördert Tier- und Umweltschutz. Es ist eine Lösung, bei der wir alle gewinnen.

Zum Autor: Silvano Lieger ist Geschäftsleiter von Sentience Politics.

Silvano Lieger.
Silvano Lieger, Geschäftsleiter Sentience Politics. - zVg

Sentience Politics trägt die Interessen nicht-menschlicher Tiere in die Mitte der Gesellschaft. Die Organisation möchte durch institutionelle Veränderungen dafür sorgen, dass auch das Leid nicht-menschlicher Tiere möglichst effektiv minimiert wird. Dafür arbeitet Sentience Politics insbesondere mit den direktdemokratischen Mitteln, die uns in der Schweiz zur Verfügung stehen – namentlich Initiativen auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene.

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