Groupe-Mutuel-CEO: Auch während Corona gehören Reserven Versicherten
Die Corona-Krise trifft auch die Krankenversicherer. Thomas Boyer, CEO der Groupe Mututel, erklärt im Gastbeitrag, wie sie die Corona-Kosten abfedern.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Corona-Pandemie brachte für die Schweizer Krankeversicherer neue Herausforderungen.
- Trotzdem sollen die Prämien für 2022 sinken oder zumindest stabil bleiben.
- Der CEO der Groupe Mutuel erklärt die Gründe. Ein Gastbeitrag von Thomas Boyer.
Wirtschaftskrise, Jahrhundertpandemie und volle Spitäler: Alles Begriffe, die in der Medienberichterstattung in Zusammenhang mit der Coronakrise fallen. Doch Bundesrat Alain Berset verkündet für das Jahr 2022 erneut stabile Gesundheitskosten und Krankenversicherungsprämien.
Da ist es berechtigt, Krankenversicherer zu fragen, wo für sie eigentlich die Krise bleibt. Wer bezahlt all die Impfstoffe, Tests und Intensivbehandlungen? Hat Covid-19 gar keinen Einfluss auf die Gesundheitskosten?
Die Antwort lautet: Doch, und zwar einen grossen. Aber die Krankenversicherer sind dank starker Reserven grossmehrheitlich fähig, die Covid-Zusatzkosten abzufedern. Für uns als drittgrösster Krankenversicherer der Schweiz heisst das, dass wir 2020 direkte Kosten von rund 50 Millionen Franken für längere Krankenhausaufenthalte und Covid-Tests über unsere Reserven bezahlt haben. Für das Jahr 2021 schätzen wir, dass mindestens 40 Millionen Franken der Covid-Kosten von der Groupe Mutuel getragen werden müssen.
Kosten abfedern und Reserven zurückbezahlen, wie geht das?
Die Coronakrise ist das Paradebeispiel, wieso die Krankenversicherer Reserven brauchen. In Notsituationen sind wir alle froh um ein Polster. Trotzdem bezahlen nun die vier grössten Krankenversicherer mitten in der Krise 400 Millionen ihrer Reserven an ihre Versicherten zurück.
Die Groupe Mutuel alleine zahlt innerhalb von zwei Jahren 214 Millionen Franken zurück. Auch das wirft Fragen auf und lässt vermuten, dass die Reservetöpfe randvoll sind.
In der Tat konnten einige Krankenversicherer in den letzten Jahren insbesondere durch eine günstige Situation an den Finanzmärkten ihre Reserven stärken. Und nicht zu vergessen sind die nicht dringenden medizinischen Massnahmen, die während der Pandemie eingestellt wurden.
Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Es ist ein bisschen so, als ob man den Wasserhahn zugedreht hatte. Sobald man ihn wieder öffnet, fliesst er aber wieder mit derselben Geschwindigkeit wie vorher.
Leistungsgarantie und Reserveabbau schliessen sich nicht aus
Ich appelliere an alle Krankversicherer, auch während der Coronakrise Reserven nicht übermässig anzuhäufen, sondern überschüssige Reserven den Prämienzahlern zurückzuzahlen. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Wir haben uns dafür entschieden, dass 97 Prozent unserer Kunden nächstes Jahr eine tiefere Prämienrechnung erhalten. Konkret werden wir 113 Millionen zurückzahlen indem wir jedem Erwachsenen monatlich zwischen 10 und 20 Franken direkt vom Prämienbetrag abziehen. Während vier Jahren sehen wir total eine Rückzahlung von 400 Millionen Franken vor.
Wir bauen so unsere Reserven stark ab und garantieren gleichzeitig, dass wir unserer Leistungspflicht auch in Krisensituationen nachkommen werden. Ein gesundes Mass an Reserven entspricht etwa drei Monaten an Rechnungen, die wir für unsere Kunden bezahlen. Ein Vergleich mit der bundesnahen Suva zeigt: Der obligatorische Unfallversicherer verfügt über 56 Milliarden an Reserven, was 11 Jahren an Leistungen entspricht.