Grüne Gajardo Hofmann: Ohne «Schweizer» Name im Nachteil
Catalina Gajardo Hofmann (Grüne) aus Schwamendingen begründet in diesem Gastbeitrag auf Nau.ch ihre Kandidatur für den Gemeinderat in Zürich.
Das Wichtigste in Kürze
- Grünen-Politikerin Catalina Gajardo Hofmann kandidiert für den Gemeinderat in Zürich.
- Ihr Hauptziel: Die soziale Ungleichheit und das Urteil zur Nationalität zu bekämpfen.
Es ist schon fast ein Ritual: Zu jedem Grossanlass im Männerfussball wird in den Medien, in Kommentarspalten, auf Blogs und in persönlichen Gesprächen die Nationalität der Spieler der Nationalmannschaft diskutiert.
Nüchtern betrachtet gibt es nichts zu diskutieren, da alle Spieler Schweizer Staatsbürger sind.
Der Grundton dieser Diskussionen ist trotzdem immer derselbe: Personen, die zwar die Schweizer Staatsbürgerschaft, aber keinen Namen in einer der vier Landessprachen haben, sind im Nachteil. Sie werden als Bürger*innen zweiter Klasse angesehen.
Es brauchte nicht erst die unsäglichen Diskussionen über den Doppeladler, um den Begriff des «Doppelbürgers» mit negativen Assoziationen zu verknüpfen. Die Unterscheidung in «richtige Schweizer*innen» auf der einen und «Schweizer*innen mit Migrationshintergrund» auf der anderen Seite ist das Erbe einer langjährigen Hetzkampagne der SVP. Diese wettert gegen alles, was nicht mit eingebildeten oder tatsächlichen Schweizerischen Traditionen in Einklang zu bringen ist.
Diese seltsame und mitunter absurde Einteilung von «echten» und «unechten» Schweizer*innen habe ich am eigenen Leib erfahren müssen.
Ich habe zwei Pässe: Einen Schweizer Pass und einen von Chile. Geboren bin ich in Chile, aufgewachsen in Bülach, kaum zwanzig Kilometer von Zürich entfernt.
Doch eine «richtige» Schweizerin
Meine Mutter ist Schweizerin, ich hatte den roten Pass also bereits ab Geburt. Dieses Detail führt oft dazu, dass wenn ich auf meinen spanischen Namen angesprochen werde und ich zufällig erwähne, dass meine Mutter Schweizerin ist, mein Gegenüber etwas erleichtert feststellt, ich sei ja doch eine «richtige» Schweizerin.
Anscheinend bin ich in der Staatsbürgerschaftshierarchie ein Stückchen oberhalb unserer eingebürgerten Landsleute. Und noch einmal höher als alle Personen, die hier arbeiten und Steuern bezahlen, aber nicht eingebürgert sind. Ich bin also irgendwo dazwischen.
Seit vier Jahren wohne ich in Schwamendingen, dem Kreis 12 von Zürich. Es ist der kleinste Kreis und auch der Stadtkreis mit der höchsten «Ausländerquote». Es ist aber auch der Stadtkreis, in dem viele Personen im Niedriglohnsektor arbeiten und nur knapp über die Runden kommen. Und diese Tatsache wiegt weitaus schwerer als die kulturelle Herkunft.
Deswegen kandidiere ich auf der Grünen Liste für den Gemeinderat. Ich kandidiere, weil ich diese Diskussionen über die Herkunft leid bin. Es stellt ein reines Ablenkungsmanöver dar und verschleiert das Problem der sozialen Ungleichheit.
Ich setze mich für einen grundlegenden Wandel der Denkweise ein, weg von der kulturellen Herkunft und hin auf die soziale Ungleichheit. Ich kandidiere, weil ich allen eine Stimme geben möchte, die nicht in dieselbe privilegierte Gesellschaftsschicht hineingeboren wurden wie ich.
Ziele für die Zeit im Gemeinderat
Im Gemeinderat möchte ich vor allem den Fokus auf die Personen legen, die aufgrund ihres niedrigen Einkommens drohen, von der Gesellschaft abgehängt zu werden. Gerade Schwamendingen wird sich in Zukunft stark verändern. Die alten, preisgünstigen Wohnblöcke werden nach und nach abgerissen und durch moderne Bauten ersetzt. Die Mieten werden steigen und es wird Familien geben, die notgedrungen wegziehen müssen.
Dieser Entwicklung möchte ich entschieden Gegensteuer geben. Doch auch für die Bildungsgerechtigkeit im Schulsystem stehe ich ein: Ich bin zwar durchaus der Meinung, dass gute Deutschkenntnisse der Schlüssel zu einer gelungenen Berufskarriere sind. Doch es muss darauf geachtet werden, dass die Kinder, die in Schwamendingen zur Schule gehen, wegen dem starken Fokus auf die Deutschförderung nicht in anderen Fächern zu kurz kommen.
Dafür braucht es definitiv mehr staatliche Unterstützung der Volksschule. Als Grüne Politiker*in bin ich unweigerlich in einem Dilemma: Ich setze mich zwar aus Überzeugung für eine klimaneutrale Stadt Zürich ein, wehre mich aber entschieden dagegen, dass es auf dem Rücken meiner finanziell weniger gut gestellten Mitmenschen passiert.
Darum möchte ich die Aufmerksamkeit weg von den individuellen Möglichkeiten richten, die den Klimawandel bekämpfen sollen. Stattdessen sollen die Grosskonzerne und -banken mit den Hauptsitzen in Zürich zur Verantwortung gezogen werden.
Ich werde mich im Gemeinderat dafür einsetzen, dass die Praxis der Steuersenkungen und Privilegien für Grosskonzerne auf Kosten der Umwelt und Gesellschaft beendet wird.
Zuletzt ist es mir ein Anliegen, auch jene Personen zu vertreten, die wie ich mit zwei Kulturen aufgewachsen sind. Es ist an der Zeit, kulturelle Vielfalt zu feiern.
Alle Menschen sind gleich und ich setze mich dafür ein, dass in Zürich alle willkommen sind. Sie sollen sich frei entfalten können, unabhängig von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, Herkunft, sozialem Stand oder Behinderung.