Der Direktor des schweizerischen Gewerbeverbandes, FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler, ist gegen Luxuslösungen bei der BVG-Revision. Ein Kommentar.
Hans-Ulrich Bigler
Hans-Ulrich Bigler glaubt, dass 10 Milliarden Franken nicht ausreichend sind. - zvg

Das Wichtigste in Kürze

  • Der vom Arbeitgeberverband unterstützte Vorschlag missachtet den Volkswillen.
  • Das Gewerbe plädiere für eine kostengünstige BVG-Revision, schreibt Hans-Ulrich Bigler.
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In fast schon weinerlichem Ton beklagt der Schweizerische Arbeitgeberverband, das von ihm unter-stützte Gewerkschaftsmodell zur BVG-Revision werde von den Medien schlecht geredet. Irrtum: Das Modell wird nicht schlecht geredet – es ist schlecht!

Der vom Arbeitgeberverband unterstützte Vorschlag missachtet in krasser Weise den Volkswillen. Hauptgrund für das Scheitern der Altersvorsorge 2020 war der AHV-Rentenzuschlag von 70 Franken. Und nun kommt man – keine zwei Jahre später – mit einem BVG-Rentenzuschlag von 200 Franken, der erneut nach dem Giesskannenprinzip zu verteilen wäre. Wo bleibt da der Respekt vor den Stimmberechtigten?!

Das mit Unterstützung des Arbeitgeberverbands eingereichte Gewerkschaftsmodell würde gemäss unabhängigen Berechnungen Mehrkosten von 3,25 Milliarden Franken auslösen, weshalb es von der NZZ zurecht als „Luxuslösung" bezeichnet wird. Rechnet man die Gelder ein, die in den kommenden zehn Jahren zur Stabilisierung der AHV aufzubringen sind, kommt man bis 2030 auf Mehrkosten von über 7,5 Milliarden Franken – jährlich! Die Alters-vorsorge 2020 hätte im gleichen Zeitpunkt Mehrkosten von «bloss» 6,4 Milliarden ausgelöst.

Wir erleben damit ein Novum: ein Wirtschaftsverband bekämpft mit grossem Mitteleinsatz eine Sozial-versicherungsvorlage, gewinnt die Abstimmung – und setzt sich danach für eine Deluxe-Variante ein, die den Sozialstaat noch viel weiter aufbläht und auch entsprechend teurer ist.

Was läuft hier schief? Beim Arbeitgeberverband wird man behaupten, dass die Altersvorsorge nach 2030 weiter steigende Kosten ausgelöst hätte. Genau das wird aber in erster Linie sein Modell tun. Denn dieses sieht vor, dass der Rentenzuschlag mit der Zeit sinkt. Diejenigen, die das System am längsten mitfinanzieren müssen, sollen nur noch mit Brosamen abgespeist werden. Kein Mensch wird so naiv sein, zu glauben, dass es bei den heutigen degressiven Zuschlägen bleibt! Die Gewerkschaf-ten werden die Rentenzuschläge als Druckmittel einsetzen und dafür sorgen, dass diese laufend er-höht werden. Aus der Luxuslösung wird dann eine Superluxuslösung.

Bis vor kurzem hat sich der Arbeitgeberverband stets vehement gegen höhere Lohnprozente zur Wehr gesetzt. Genau aus diesem Grund wetterte die Verbandsspitze lange gegen die STAF-Vorlage. Die Basis griff dann korrigierend ein. Für die Verbandsspitze muss dies ein traumatisches Erlebnis gewe-sen sein. Wie anders ist zu erklären, dass sie nun plötzlich extrem freizügig mit Lohnprozenterhöhun-gen umgeht und auf Kuhhändel übelster Art einsteigt?

Das sgv-Modell zur BVG-Revision wird vom Arbeitgeberverband als «Dumpinglösung» bezeichnet. Was für ein Unsinn. Das sgv-Modell ist zwar der kostengünstige Vorschlag, der zurzeit auf dem Tisch liegt, verursacht gemäss c-alm-Berechnungen aber auch jährliche Mehrkosten von 1,3 Milliarden Fran-ken. Enorm viel Geld, das von den Arbeitnehmern und den Betrieben erst einmal hart erarbeitet wer-den muss. Wer bei jährlichen Mehrkosten von 1,3 Milliarden Franken von „Dumping“ spricht, hat ganz offensichtlich jede Bodenhaftung verloren.

Hier tickt der sgv gänzlich anders. Der grösste Dachverband der Schweizer Wirtschaft kennt die Sorgen und Nöte der Unternehmen und deren Mitarbeitenden und setzt sich für eine möglichst kosten-günstige BVG-Revision ein. Der sgv lässt sich nicht über den Tisch ziehen. Luxuslösungen, wie sie der Arbeitgeberverband nun propagiert, wird er nicht unterstützen.

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