Ist die Bibel frauenfeindlich?

Sam Urech
Sam Urech

Wetzikon,

Der Mann regiert, die Frau gehorcht! Es gibt Menschen, die aufgrund der Bibel glauben, es müsse so sein. Willkommen zur 71. Ausgabe der Halleluja-Kolumne.

Sam Urech
Sam Urech besucht die Freikirche FEG Wetzikon. - Fotograf: Sebastian Heeb

Das Wichtigste in Kürze

  • Sam Urech aus dem Zürcher Oberland ist Halleluja-Kolumnist auf Nau.ch.
  • Sind Sie seiner Meinung? Eher nicht? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar.
  • Den Autor erreichen Sie per E-Mail unter [email protected].

Bitte anschnallen, wir steigen steil ein: «Der Mann ist das Haupt der Frau. (...) Der Mann ist nicht geschaffen um der Frau willen, sondern die Frau um des Mannes willen.»

Und weiter: «Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht, dass sie über den Mann Herr sei, sie sei still. Denn Adam wurde zuerst gemacht, danach Eva.»

Was Sie gerade gelesen haben, steht so in der Bibel. Die Aussagen stammen von Paulus, einem der ersten christlichen Theologen.

Es gibt ein «Aber»

Die Titelfrage ist keine Provokation, sondern eine berechtigte Frage. Nehmen wir Christen solche Fragen nicht ernst, sollte man besser uns nicht ernst nehmen.

Und ja, stellt man die erwähnten Stellen aus dem «Korinther» und «Timotheus» einfach so hin, muss man eindeutig zum Schluss kommen, dass der Mann wichtiger als die Frau sei.

Es gibt ein «Aber». Ein ganzes Heer voller «Abers». Mit welcher Haltung gehen wir an die Bibel ran?

Ein vielschichtiges Buch, diese Bibel. - AdobeStock

Gottesfürchtige Juden beriefen sich auf die Schriften, als sie vor 2000 Jahren forderten, man solle Jesus ans Kreuz schlagen.

Weisse haben mit der Bibel in der Hand erklärt, warum sie ihre schwarzen Sklaven auspeitschen. Kreuzritter stützten sich auf die Bibel, als sie mordeten und plünderten.

Die Bibel ist kein Bastelbogen

Was auch immer Sie in der Bibel lesen möchten – Sie werden es finden. Wer meint, jede Weisheit aus der Bibel voll und ganz zu erfassen, irrt sich und läuft meines Erachtens Gefahr, fundamentalistisch abzudriften.

Alles aus der Bibel wortwörtlich zu nehmen, ist gefährlich. Alles so zu interpretieren, wie ich gerade will, natürlich auch. Gottes Wort ist kein Bastelbogen.

Gott hat uns ein vielschichtiges Buch geschickt, damit wir hoffentlich realisieren, dass alleine Bibelverse auswendig zu lernen wenig bringt. Es braucht den Heiligen Geist, der uns erklärt, wie Gott ist und wie wir die Bibel verstehen müssen.

Gehen wir mit dieser Haltung an die Bibel ran, reissen wir keine Verse aus dem Zusammenhang und brauchen sie dafür, andere Menschen zu unterdrücken.

Die Frau ist Gottes «Ebenbild»

Nein, wir stellen beim Nachdenken über die Titelfrage fest, dass bei der Schöpfung die Frau als «Ebenbild» Gottes geschaffen wird. Nicht nur der Mann – auch die Frau.

Jesus bekämpfte den damals herrschenden Tenor, Frauen seien zweitklassig. So traf er zum Beispiel eine Samaritanerin am Brunnen und sprach mit ihr. Seine Jünger, die Jesus noch nicht gut kannten, waren erstaunt darüber, ihren Lehrer im Gespräch mit einer Frau anzutreffen.

Es gab einige Frauen, die zur Reisegruppe von Jesus gehörten. Wir lesen von einer Maria (nicht seine Mutter), die an den Füssen von Jesus sitzt und seiner Predigt lauscht. Jesus bildete also auch Frauen theologisch aus – für damalige Verhältnisse unvorstellbar.

Glaube an Gott braucht Demut

Zur Titelfrage: Nein, die Bibel ist nicht frauenfeindlich. Aber ja, wenn Sie es sein wollen, werden Sie Verse in der Bibel finden, die Sie in Ihrer Meinung bestärken.

Warum Paulus diese eingangs erwähnten Stellen schrieb, kann ich nicht beantworten. Wie bestimmt andere Dinge auch nicht, die Sie mich zur Bibel fragen möchten.

Das braucht Demut und Vertrauen. Und ist gleichzeitig enorm aufregend, weil es mich daran erinnert, dass es viel mehr gibt, als ich mit meinem Verstand fassen kann.

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«The Chosen» – TV-Serie über Jesus Christus. Dieser Trailer ist ohne Untertitel – in der App gibt's aber deutsche Untertitel. - Youtube

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Zum Autor:

Sam Urech ist 37-jährig, verheiratet und Vater von zwei Buben. Mit seiner Familie besucht er die Freikirche FEG Wetzikon. Sam hat viele Jahre beim Blick als Sportjournalist gearbeitet und ist heute Inhaber der Kommunikationsagentur «ratsam».

Er liebt seine Familie, seine Kirche, Guinness, Fussball, Darts, den EHC Wetzikon, Preston North End und vor allem Jesus Christus. Sam schreibt wöchentlich auf Nau.ch über seine unverschämt altmodischen Ansichten. Wenn Sie hier klicken, finden Sie alle seine Halleluja-Kolumnen.

Fragen oder Anregungen? Sie finden Sam auf Facebook und Instagram (samurech.ch) sowie auf Twitter (samurech).

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