Liebes BAG, bitte endlich Schluss mit Faxen!
Kolumnist Hüseyin Aydemir ärgert sich über die Kommunikation des BAG. Ihm geht vieles zu langsam.
Das Wichtigste in Kürze
- Hüseyin Aydemir wohnt in Bern und gilt als bunter Hund.
- Aydemir ist Menschenrechtsaktivist, Satiriker und Networker.
- In seinem zweiten Gastbeitrag auf Nau.ch ärgert er sich über das «lahmarschige» BAG.
Eine globale Pandemie wütet, stellt unser Leben komplett auf den Kopf und fordert innerhalb eines Jahres drei Millionen Menschenleben. Doch die Hirnakrobaten des BAG versuchen, mit Fax und Papier die Welt zu retten.
Als 43-Jähriger kenne ich dieses Gerät natürlich noch – es war bis Mitte der 90er Jahre der letzte analoge Schrei. Man übermittelte in einigen Minuten mit einer Fax-Nummer Botschaften in Papierform. Ich lege bei meinem Gerät das Papier ein und beim Empfängergerät kommt es nach einigen Minuten in Form einer Kopie wieder raus.
Auch wenn manche dieser Kisten ohne Lärm nicht auskamen und der lästige Empfangston nervtötend sein konnte, ging es doch schneller, als bei der damaligen PTT (staatliche Behörde für den Post-, Telefon-, Telegraf- und Faxbetrieb in der Schweiz, mittlerweile einfach «Die Post») ein Couvert aufzugeben.
Aber kommen wir doch zum Wesentlichen: DIE KOMMUNIKATION. Laut Wikipedia nichts weiter als «ein Austausch oder die Übertragung von Informationen, die auf verschiedene Arten (verbal, nonverbal und paraverbal) und auf verschiedenen Wegen (Sprechen, Schreiben) stattfinden kann. Inzwischen auch auf dem Wege der computervermittelten Kommunikation (lateinisch communicatio)».
Kleiner Blick in die Geschichte
Im Mittelalter zum Beispiel benötigte ein gewisser Marco Polo eine jahrelange Reise, um dem damaligen chinesischen Kaiser Kublai Khan eine Botschaft zu überbringen. Jesus, dieser brilliante Kopf, praktizierte ca. 1200 Jahre vorher das Predigen, um seine Jünger von seinen Ideen zu überzeugen.
Revolutionen wurden in der Regel durch Mund-zu-Mund-Propaganda angeheizt und konnten ganze Systeme (Französische Revolution, eiserner Vorhang) zum Einsturz bringen.
Mit Beginn der Industrialisierung, mit Erfindungen wie Elektrizität, neuen Fortbewegungsmöglichkeiten und auch mit den Satelliten über unseren Köpfen, änderte sich entsprechend auch unsere Kommunikation. Schneller, effizienter und in unendlicher Quantität wurden die Botschaften hin- und hergeschickt. Bis kurz vor der Jahrtausendwende in einem zwar schnellen, aber trotzdem überschaubarem Tempo.
Dann kam das Internet und die damit verbundene Digitalisierung. Diese schier unfassbare neue Technologie änderte unser gesamtes Dasein.
Immer noch Vorbild Emil?
Das BAG konnte bis zum Millennium ganz offensichtlich mit dem Tempo des Fortschritts mithalten. Was danach geschah, ist bis heute Gegenstand vieler Diskussionen und liegt bis dato im Dunkeln. Es ist zu hoffen, dass bis spätestens nach der Pandemie, dort etwas Licht hineingebracht wird.
Natürlich sind wir es uns gewohnt, dass die lieben Bundesangestellten generell in etwas gemütlicherem Tempo arbeiten. Wir haben ja bereits mit dem Film «Die Schweizermacher», mit Walo Lüönd und Emil Steinberger in den Hauptrollen, einen beeindruckenden Einblick in die helvetische Beamtenarbeit erhalten.
Wenn es allerdings um Leben und Tod geht, wäre es schon von Vorteil, wenn sich das BAG vielleicht unserer neuen Medien bedienen würde. Brieftaubenmässige Kommunikation ist definitiv von gestern.
Seit dem Ausbruch von Corona vor mehr als einem Jahr kommuniziert das BAG einigermassen wirr. Böse Zungen behaupten, dass es besser wäre, nichts zu sagen, als die Bevölkerung permanent zu verunsichern, fehlerhafte Zahlen und Rückschlüsse zu veröffentlichen und sich in dem Gewirre der Massnahmen zu verstricken.
Oscar Wilde und die Pressekonferenzen
Natürlich soll hier niemandem der Mund verboten werden. Es geht aber darum, dass offenbar ein 17-jähriger, venezianischer Händler, der nach China reisen musste, und ein langhaariger, später gekreuzigter Hippie besser kommunizieren konnten, als unser BAG, welches die Technologie des 21. Jahrhunderts zur Verfügung hätte.
Es ist natürlich klar, dass es mir von zu Hause aus, aus dem warmen und kuscheligen Zwangs-Homeoffice, ein Leichtes ist, mir ein Urteil zu bilden.
Beim Betrachten der Pressekonferenzen kommt mir allerdings immer wieder das Zitat des genialen Schriftstellers Oscar Wilde in den Sinn: «Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.»