Linke Klimapolitik – gut gemeint ist nicht immer gut gemacht
Im Gastbeitrag erklärt Alexander Keberle von «Economiesuisse», dass links-grüne Politik den ambitionierten Klimaschutzzielen oft selbst im Weg stehe.
Das Wichtigste in Kürze
- Oft seien linke Politikvorschläge vom Herzen, seltener aber vom Verstand geleitet.
- Beispielsweise stehe der Mieterschutz im direkten Konflikt zu Klimamassnahmen an Gebäuden.
- Alexander Keberle von «Economiesuisse» ist überzeugt: «Gut gemeint ist nicht gut gemacht.»
Diese Woche landete in meiner Inbox ein Aufruf, das Referendum zum «Schutz des Mietrechts» zu unterschreiben. Absender war eine linke Sammelorganisation. Auf den ersten Blick ist es mehr als verständlich, dass dieses Thema angegangen wird.
Seit gut 50 Jahren steigen die Mietpreise in der Schweiz an, gesamthaft zwischen 25 und 50 Prozent in diesem Zeitraum. In der Stadt Zürich sind die Mieten alleine zwischen 2000 und 2022 um über 22 Prozent gestiegen. Ich selbst werde meine Wohnung in Zürich auch nicht mehr so schnell aufgeben, da ich kaum etwas Preiswerteres finde.
Linke Politik steht Klimazielen im Weg
Auf den zweiten Blick bestätigt sich allerdings die etwas gemeine Unterstellung, dass linke Politikvorschläge vielleicht öfter vom Herzen, aber seltener vom Verstand geleitet sind.
Zum einen hat sich in der Schweiz und im Ausland immer wieder gezeigt, dass ein Deckel für die Mieten zwar nach einer einfachen und guten Lösung klingt, aber in Wirklichkeit oft das Gegenteil bewirkt: Bei starkem Mieterinnenschutz klammern sich Menschen an ihren Wohnungen und verknappen so das Angebot.
Zahlen zeigen: Wer in Städten mit starkem Mieterschutz Wohnungen wechselt, muss entweder ewig suchen (wie in Berlin) oder kräftig draufzahlen (wie in Genf). Und Immobilienfirmen hören auf zu investieren, was den dringend notwendigen Wohnungsbau hemmt und damit die Mieten weiter verteuert.
Zum anderen ist strenger Mietschutz ein Killer für Klimamassnahmen bei Gebäuden. Fast ein Drittel der CO2-Emissionen stammt aus dem Gebäudebereich, vor allem durchs Heizen. Deshalb ist die Gebäudesanierung einer der wichtigsten Klimahebel der Schweiz.
Durch strengen Mieterschutz lohnen sich aber Investitionen nicht mehr und Gebäude werden nicht saniert, weshalb Gebäude weniger gedämmt und fossile Heizungen weniger ersetzt werden. Das ist nicht stumpfe Theorie, sondern harte Realität, wie das absurde Beispiel von Basel-Stadt zeigt.
Die Stadt Basel als Veranschaulichung
Basel hat sich mit 2037 ein sehr ambitioniertes Netto-Null-Ziel gesetzt – zum Vergleich: Das nationale Ziel ist Netto-Null bis 2050, und bereits das wird ein «Hoselupf». Wenn Basel dieses Ziel wirklich ernst nimmt, müssten Gebäude eher gestern als heute renoviert werden.
Gleichzeitig hat der Stadtkanton aber gerade den Mieterschutz erheblich rauf gesetzt. Das Ergebnis: Seit das Wohnschutzgesetz gilt, gingen die Anfragen und Hypotheken für Klimasanierungen bei der Basler Kantonalbank um 70 bis 80 Prozent zurück. Wie die notwendige Sanierung des Gebäudeparks nun möglich sein soll, ist mir wirklich schleierhaft.
Vor diesem Hintergrund wirkt die Sammelaktion für den Mietschutz fast schon zynisch. Denn man muss wissen: Die Personen hinter dem Aufruf waren zugleich massgeblich an der «Gletscherinitiative» beteiligt, welche ambitionierte Klimaschutzmassnahmen vorgesehen hat – insbesondere im Gebäudebereich. Mit dem Einsatz für den Mietschutz sägen sie am Ast, auf den sie ihre Klimapolitik gesetzt haben.
Keine einfachen Patentlösungen
Weder im Miet- noch im Klimabereich gibt es die einfachen Patentlösungen. Wer meint, mit Preisdeckeln, Verboten oder Zielen sei die Arbeit gemacht, macht es sich etwas zu einfach und bewirkt oft das Gegenteil.
Statt hohe Mieten zu bekämpfen, sollten wir sicherstellen, dass es genug Wohnungen gibt. Statt lautstark Gebäudesanierungen zu fordern, sollten wir gewährleisten, dass sich solche auch lohnen. Sonst ist die Politik vielleicht gut gemeint, aber sicher nicht gut gemacht.
Zur Person: Alexander Keberle, Geschäftsleitungsmitglied bei «Economiesuisse» und verantwortlich für die Themen Infrastruktur, Energie und Umwelt. Er ist 31 Jahre alt und lebt in Zürich.