Tamy Glauser: So viel Arbeit macht mich glücklich!
Wir sollten uns grundsätzlich fragen: Warum eigentlich arbeiten? Eine Kolumne von Tamy Glauser.
Das Wichtigste in Kürze
- Tamy Glauser schreibt regelmässig Kolumnen für Nau.ch.
- Wochenenden und Ferien seien nur kleine Fluchten, findet Tamy.
- Vielleicht liege der Schlüssel darin, Arbeit, Leben und Spiel zu vereinen.
Die Idee, dass wir fünf Tage die Woche schuften müssen, um dann am Wochenende das «wahre Leben» zu leben, finde ich absurd.
Die 4-Tage-Woche mag ein netter Anfang sein, klar. Weniger Tage im Büro, auf dem Bau, in der Küche, am Tresen oder hinterm Schalter. An den Orten halt, wo uns die Mietkosten, die immer teureren Lebensmittel, die Handyrechnung zwingt. Und nicht zu vergessen die Krankenkassenrechnung.
Endlich das Hamsterrad verlassen
Aber eigentlich kratzt auch das nur an der Oberfläche. Die Frage stellt sich: Wollen wir wirklich weniger Zeit in einem System verbringen, das uns nur dazu drängt, ständig zwischen «Arbeit» und «Leben» zu jonglieren? Oder sollten wir nicht endlich das Hamsterrad verlassen und aufhören, zwischen diesen künstlichen Kategorien zu unterscheiden?
Wir sollten uns grundsätzlich fragen: Warum eigentlich «arbeiten»? Und damit meine ich nicht das «Warum» im philosophischen Sinne. Wir alle müssen schliesslich irgendwie unseren Kühlschrank füllen.
Aber warum leben wir in einem System, in dem Arbeit und Leben zwei entgegengesetzte Pole sind? Wem dient es?
Wäre es nicht sinnvoller, uns darauf zu konzentrieren, was uns wirklich erfüllt? Und darauf, was den Montag «fies» erscheinen lässt und uns von Wochenende zu Wochenende treibt?
Wie bunte Konfetti
Die Work-Life-Balance ist ein schickes Buzzword, das seit ein paar Jahren auf uns niederregnet wie bunte Konfetti auf einem überstrapazierten Party-Thema. «Balance» klingt so schön, so friedlich. Doch was, wenn dieses Konzept gar keinen Sinn macht?
Was, wenn die Balance, die wir so krampfhaft suchen, uns eher von einem erfüllten Leben abhält, anstatt uns dorthin zu führen?
Stell dir vor, wir könnten spielen, statt zu arbeiten. Nicht im Sinne von kindlichem Unfug (wobei, warum eigentlich nicht?), sondern im Sinne von Kreativität, Innovation und Selbsterfüllung.
Was, wenn wir unseren Tag nicht darauf ausrichten würden, Pflichten zu erfüllen, sondern Leidenschaften nachzugehen? Vielleicht ist es genau das, was wir meinen, wenn wir von «Verwirklichung» sprechen.
Es geht nicht darum, Zeit aufzuteilen zwischen Arbeit und Freizeit. Es geht darum, dass die Zeit, die wir haben, uns das Gefühl gibt, wirklich lebendig zu sein.
Nur kleine Fluchten
Denn seien wir ehrlich: Wochenenden und Ferien sind nur kleine Fluchten. Sie sind der Zucker, den wir uns gönnen, um den bitteren Geschmack des Alltags zu überdecken.
Aber im Warten auf «bessere Zeiten» verpassen wir das Wesentliche: den Moment!
Vielleicht liegt der Schlüssel darin, Arbeit, Leben und Spiel zu vereinen. Und so aus der Endlosschleife des Hamsterrads auszubrechen.
Denn das Leben beginnt nicht am Freitagabend. Es findet JETZT statt.
Kleine Sidenote: Der Begriff «Arbeit» trägt seine Wurzeln im althochdeutschen «arabeit», was so viel wie «Mühsal» oder «Plage» bedeutet.
Zur Person: Tamy Glauser (39) wuchs in Stettlen BE bei Pflegeeltern auf. Das Berner Model ist für seinen androgynen Look bekannt. 2021 outete sich Tamy als nonbinär und gab an, für sich keine geschlechtsspezifischen Pronomen verwenden zu wollen. Tamy interessiert sich für spirituelle Themen – das Model hat sich zum Reiki-Meister ausbilden lassen.