Trumps Gift in Schweizer Seelen
Das Wichtigste in Kürze
- Nau.ch-Kolumnist Reda El Arbi analysiert den Einfluss von Donald Trump auf unsere Seelen.
- El Arbi erlangte als Blogger und Journalist Bekanntheit.
- Bis 2011 war er Chefredaktor des Satiremagazins «Hauptstadt».
- Er lebt mit Frau und mehreren Hunden in Stein am Rhein SH.
Ich wusste nicht, wie unglaublich stark mich Trumps Präsidentschaft die letzten vier Jahre belastet hatte, bis ich am Samstag noch zögerlich, dann aber mit vollem Bewusstsein wahrnahm, dass es vorbei ist.
Zuerst war da diese unglaubliche Erleichterung. Und dann wollte ich duschen, stundenlang. Diese ganzen 48 Monate voller täglicher Lügen, voller Hass, voller Rassismus, Sexismus, Abwertung und Gift einfach wegspülen. Leider wurde mir nach und nach bewusst, dass es so nicht getan ist, dass es noch nicht vorbei ist.
Diejenigen Schweizer Politiker und Medienmenschen - und deren Anhänger - die während der ganzen Amtszeit Trumps jeden seiner Hasstweets, jede seiner Lügen, seinen Rassismus, seinen Sexismus, seine Sympathien für Rechtsextreme, Nazis und den Ku-Klux-Klan, seine Verhöhnung von Schwächeren, seine antidemokratischen Machenschaften, seine Herzlosigkeit gefeiert, beklatscht und relativiert haben, sind jetzt zutiefst verletzt. Sie sehen sich als Opfer, wie alle schlechten Verlierer. Deshalb wird der Hass erst noch zunehmen.
Die Schweizer Trump-Fans werden nicht plötzlich zur Vernunft kommen und auf die Lügen, die Wissenschaftsfeindlichkeit oder die Hetze verzichten. Sie drehen auch nach Trumps Abwahl die Spirale seiner seelischen Verkrüppelung weiter. Sie übernehmen Trumps Narrativ von Wahlbetrug, behaupten zum Beispiel, auch die Briefwahl in der Schweiz sei nicht vertrauenswürdig, verbreiten Verschwörungstheorien, demontieren die Demokratie - hier, in der Schweiz.
Sie können sich nicht abwenden, weil sie sonst zugeben müssten, dass sie vier Jahre lang einem bösartigen, psychisch instabilen, narzisstischen Widerling gehuldigt haben. Sie folgen seiner Geisteshaltung weiter, weil für sie das eigene Ego wichtiger ist als das Wohl unseres Landes. Sie würden lieber mit einem Führer in den Untergang marschieren, einen Bürgerkrieg riskieren, als einen Fehler einzugestehen.
Überzeugungen wachsen nicht über Nacht. Viele rechtsbürgerliche Politiker, mit denen ich mich vor 2016 zwar über Politik gestritten habe, deren Integrität aber nicht infrage stand, haben sich in den letzten vier Jahren im Internet radikalisiert. Ihre Seelen wurden in den vier Jahren Trump von bösartigem Hass, Lügen und Abwertung rechtsstaatlicher Werte imprägniert. Sie wurden von demokratischen Politikern zu fanatischen Groupies.
Vielleicht gibt es sogar einige, die jetzt aufwachen, aber es werden wenige sein. Die meisten Trump-Fans werden weiter - und radikaler - den Weg gehen, den der Hassbratz im weissen Haus ihnen als Führer vorgegeben hat. Sie werden lieber ihr Land, die Demokratie und den Frieden opfern, als einen Fehler zuzugeben. Wir kennen das aus der Geschichte.
Ich merke den Einfluss, den Trumps Amtszeit auf die politische Kultur in unserem Land hatte, auch bei mir. Ich habe nie so viele Menschen direkt beschimpft, wie in den letzten vier Jahren. Ich konnte nicht glauben, dass man den menschenverachtenden Dreck Trumps auch hier, in meinem Mutterland, so unverfroren nach aussen trug. Und ich habe mit Wut reagiert, wo man eigentlich mit dem Mitgefühl einer erwachsenen Erziehungsperson hätte reagieren müssen.
Ich werde mir Mühe geben, nicht mehr auf die widerlichen politischen Provokationen der Trump-Jünger zu reagieren, ich werde sie ignorieren und ihnen keinen Raum in der Öffentlichkeit mehr einräumen. Die Trump-Groupies dürfen jetzt in aller Ruhe den Weg auf den Müllhaufen der Geschichte machen. Zu all den anderen Jüngern aller anderen Autokraten, Antidemokraten und Führern.
Und mit allen anderen versuchen wir nun gemeinsam, die Wunden zu heilen, die der orange Hassprediger und seine Follower in die Welt gerissen haben.
PS: Die Kommentare dürften meinen Text bestätigen. Und wie versprochen, werde ich nicht darauf reagieren. Ich werde sie höchstens an einem Punkt löschen, wenn zu viel des trumpschen Hasses daraus trieft.