Würde sich Jesus gegen Coronavirus impfen lassen?
Gott nachzueifern sei wunderbar, findet unser Kolumnist Sam Urech. Es gebe aber Fragen, die wir nicht nur biblisch zu beantworten versuchen sollten.
Das Wichtigste in Kürze
- Sam Urech aus dem Zürcher Oberland ist Halleluja-Kolumnist auf Nau.ch.
- Sind Sie seiner Meinung? Eher nicht? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar.
- Den Autor erreichen Sie unter [email protected] oder auf Social Media.
Tag eins nach dem Horror-Ausscheiden im Viertelfinal der Eishockey-WM gegen einen Gegner, der uns niemals hätte schlagen dürfen. Ich hoffe, es geht Ihnen den Umständen entsprechend gut.
Wie auch immer Sie sich fühlen, heisse ich Sie herzlich willkommen. Wenn ich Sie schon mit einer Frage in den Artikel rufe, möchte ich sogleich Ihre Meinung wissen.
Vielleicht laufen Sie gerade fröhlich aus dem Impfzentrum, sind erleichtert, den zweiten Piks bekommen zu haben und fragen sich, was Impfgegner für ein Problem haben.
Hauptargumente gegen die Impfung sind: Allfällige Langzeitnebenwirkungen konnten schlecht erforscht werden. Bei jeder Impfung besteht zudem immer die Gefahr eines Impfschadens.
Und: Für die Forschung und Entwicklung der Covid-Impfung wurden Zellen aus Zelllinien benutzt, die auf menschliche Föten der 1970er und 80er Jahre zurückgehen. Ist übrigens auch bei anderen Impfungen so.
Da ich Abtreibung eine schlimme Sache finde, hat diese Begründung auch für mich Gewicht.
Fehlende Nächstenliebe?
Auf der anderen Seite verstehe ich all diejenigen, die diese Pandemie satthaben und sich von der Impfung Freiheit erhoffen.
Und diejenigen, die von fehlender Nächstenliebe sprechen, wenn ich nicht mit einer Impfung mithelfen möchte, Schwache zu schützen.
Es gibt sowohl Argumente FÜR als auch GEGEN die Impfung, die mich überzeugen. Wie soll ich also entscheiden?
Was würde Jesus tun?
Als Christ frage ich mich bei kniffligen Themen gerne, was Jesus wohl getan hätte. Gar nicht so einfach. Die Meinungen diesbezüglich gehen bei Jesus-Fans weit auseinander.
Dabei höre ich manchmal: «Ich glaube an den Gott der Bibel und seine Allmacht! Er beschützt mich, darum brauche ich keine Impfung.»
Hm. Eine abenteuerliche Aussage. Natürlich kann mich Gott immer und überall beschützen. Aber warum ziehe ich trotzdem einen Velohelm an? Warum gurte ich mich im Auto an? Warum zahle ich Geld in die Säule 3a ein? Muss ich da plötzlich alleine klarkommen?
Hässlich finde ich es, wenn zum Beispiel gewisse amerikanische Christen betonten, Masken zu tragen sei Gotteslästerung, weil Gott sie doch beschützen könne. Zu Hause haben sie aber ihren Schrank mit Waffen zur Selbstverteidigung vollgestopft.
Ein Glaube voller Freiheit
Jesus kommt offenbar klar damit, dass selbst Bibel-belesene Christen oft nicht wissen, was er an unserer Stelle tun würde. Ein Gott, der uns viel Freiheit zutraut, Halleluja!
Aber gucken wir trotzdem mal, wie Jesus mit dem Thema Medizin umgegangen ist. Ganz entspannt! Die Medizin an sich wird von Jesus in keiner mir bekannten Bibelstelle infrage gestellt.
Lukas war ein Jünger von Jesus und ausführlicher Berichterstatter darüber, was Jesus getan hat. Dieser Lukas war Arzt und hätte bestimmt notiert, hätte Jesus nicht gewollt, wenn wir Ärzten oder der Medizin vertrauen.
Handy weg und losgeht's
Und doch, an medizinische Ratschläge und Gesetze seiner Zeit hielt sich Jesus nicht immer. So gab es schon damals Hygienevorschriften: Ein Mensch mit Aussatz durfte sich «Gesunden» niemals nähern – und umgekehrt. Jesus missachtete die Regel, berührte Kranke und heilte sie.
Gilt das nun auch für uns? Ich glaube, niemand nimmt es Ihnen übel, wenn Sie sich nicht impfen lassen und stattdessen alle Erkrankten heilen, die in Ihrer Nähe sind.
Das Problem dabei ist: Ich kann es leider nicht. Können Sie Menschen heilen? Falls ja: Legen Sie sofort das Handy weg und suchen Sie Kranke!
Entscheiden Sie selbst!
Wie immer gilt: Bitte hinterfragen Sie meine Meinung. Kann gut sein, dass ich mich irre. Aber in meinen Augen ist diese Impfung schlicht kein theologisches Thema.
Ja, das gibt es: Themen, die wir biblisch nicht klären können. Oberflächliche Themen wie zum Beispiel unseren Angstanfall im gestrigen WM-Viertelfinal nach 2:0-Führung. Aber auch wichtigere Themen wie die Covid-Impfung.
Natürlich dürfen Sie Jesus fragen, ob er sich an Ihrer Stelle impfen lassen würde – oder nicht. Wunderbar, wenn er Ihnen antwortet.
Falls nicht, entscheiden Sie sich bitte mutig dafür oder dagegen, vertrauen anschliessend darauf, dass Gott Ihre Entscheidung gut findet und lassen Sie jeden in Frieden, der sich anders entscheidet.
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Zum Autor:
Sam Urech ist 37-jährig, verheiratet und Vater von zwei Buben. Mit seiner Familie besucht er die Freikirche FEG Wetzikon. Sam hat viele Jahre beim «Blick» als Sportjournalist gearbeitet und ist heute Inhaber der Kommunikationsagentur «ratsam».
Er liebt seine Familie, seine Kirche, Guinness, Fussball, Darts, den EHC Wetzikon, Preston North End und vor allem Jesus Christus. Sam schreibt wöchentlich auf Nau.ch über seine unverschämt altmodischen Ansichten. Wenn Sie hier klicken, finden Sie alle seine Halleluja-Kolumnen.
Fragen oder Anregungen? Sie finden Sam auf Facebook und Instagram (samurech.ch) sowie auf Twitter (samurech).
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