Zeit für den grossen Maskenball
Unser Kolumnist will, dass die Maskenpflicht viel weitergeht - nur im ÖV ist ein kläglicher Ansatz und wird wohl keine zweite Welle verhindern.
Das Wichtigste in Kürze
- Nau.ch-Kolumnist Reda El Arbi erklärt die linksgrünversiffte Welt.
- Reda El Arbi erlangte als Blogger und Journalist Bekanntheit.
- Bis 2011 war er Chefredaktor des Satiremagazins «Hauptstadt».
- Er lebt mit Frau und zwei Hunden in Stein am Rhein SH.
Ich war einer der Typen, die Nationalrätin Martullo-Blocher ausgelacht hatten, weil sie zu Beginn der Pandemie mit Maske im Rat erschien. In erster Linie wohl, weil sie der falschen Partei angehört, und vor allem, weil sie die Einzige war. Und ehrlich, ich lag falsch. Frau Martullo-Blocher hatte recht mit der Maske.
Egal, ob sie eine Show abzog - mit mehr als 120 EMS-Billig-Produktionsstandorten in China wusste sie wohl einfach besser Bescheid über die Wirkung von Masken als viele von uns. In Asien sind Masken eine Normalität und für Martullo-Blocher wohl eine Selbstverständlichkeit. Und ich war ja nicht der einzige, auch Koch und der Bundesrat fanden Masken nicht nützlich.
Das hat sich jetzt geändert. Ab morgen gilt Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr. Das ist gut. Schlechter ist, dass niemand aus der Regierung den Schneid hatte, hinzustehen und zu sagen: «Sorry, wir haben uns geirrt, wir haben einen Fehler gemacht.» Das würde nämlich der ganze Masken-Sache etwas mehr Glaubwürdigkeit verleihen. Die Pandemie ist Neuland, da kann es passieren, dass man Fehler macht. Nur sollte man dazu stehen und daraus lernen. Das fördert die Integrität und würde in der Bevölkerung mehr Vertrauen in die Verantwortlichen geben.
Leider ist die Schweizer Version der Maskenpflicht auch wieder nur halbbatzig. Die Maskenpflicht gilt ab Montag, und die Schweizer so: «Dann bleiben uns ja noch ein paar Tage.» Dass die Masken nicht erst ab Montag nutzen, scheint wenige zu interessieren.
Mir leuchtet auch nicht ein, warum Masken zwar im öffentlichen Verkehr etwas bringen sollen, sich die Leute aber weiterhin in der Schlange an der Migros oder Coop-Kasse in den Nacken husten sollen. Oder warum es Demos gibt, bei denen die Leute maskenlos Parolen schreien und mit jedem Wort eine unsichtbare Speichelfontäne über ihre Mitstreiter regnen lassen. Maskenpflicht ist super, aber sie geht einfach zu wenig weit.
Die Maskenpflicht im ÖV ist eine gutschweizerische Kompromisslösung. Nur gibts Angelegenheiten, die eben nicht für Kompromisslösungen gemacht sind. Viren interessieren sich zum Beispiel wenig für die Befindlichkeit ihrer Träger, oder für das etwas lächerliche Freiheitsverständnis von Maskengegnern. Sie interessieren sich auch wenig dafür, ob sie in einem Bus oder in einer Beiz oder an einer Demo von Schleimhaut zu Schleimhaut hüpfen. Hingegen ist nachgewiesen, dass Viren Masken überall und immer blöd finden, weil sie darin hängenbleiben.
Natürlich gibts auch die üblichen Querulanten, die die Wirkung von Masken leugnen, ignorieren und die gar keine Maske tragen wollen. Sie sind der eigentliche Grund dafür, dass jetzt ein Maskenzwang gilt. Leute, die sich in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen, anstatt dass sie ihre Freiheit nutzen, um anfälligere, schwächere Mitmenschen zu schützen.
Das Schönste am Maskentragen in den letzten Wochen war übrigens, dass ich die Leute, die keine Maske trugen, herablassend-vorwurfsvoll von oben bis unten mustern und anstarren konnte, und mich dabei moralisch überlegen fühlte. Das ist jetzt im ÖV leider vorbei, wenn alle Masken tragen.
Ich muss wohl jetzt in Supermärkte, Beizen und an Demos, um anderen Leuten das Gefühl zu geben, sie leisteten nicht ihren ganzen Beitrag zum Gemeinwohl.
Aber vielleicht merkt ja der Eine oder die Andere, dass es gar nicht so ein Aufwand ist, die Maske aufzulassen, wenn man das Tram oder die S-Bahn verlässt. Je mehr Leute auch ausserhalb des ÖVs Masken tragen, um so grösser die Wahrscheinlichkeit, dass es keinen zweiten Lockdown gibt.
Interessenbindung: Reda El Arbi ist Social-Media-Beauftragter von SwissCovid App Facts.
Zum Autor: Reda El Arbi ist 50-jährig, kommt aus Zürich und zog vor einigen Jahren nach Stein am Rhein. Grosse Bekanntheit erlangte er mit seinem Zürcher «Stadtblog» für den «Tagesanzeiger». El Arbi schreibt unverblümt, hat zu allem eine Meinung und polarisiert auch gern. Er ist verheiratet und lebt mit Frau und Hund in Stein am Rhein SH.