Bitcoin-Netzwerk braucht doppelt so viel Strom wie die Schweiz
Für die Herstellung von Bitcoin werden Unmengen an CO2 in die Luft gepustet. Das müsste eigentlich nicht sein. Eine Analyse.
Das Wichtigste in Kürze
- Aktuell verbraucht die Bitcoin-Herstellung doppelt so viel Strom wie die ganze Schweiz.
- Technisch wäre es möglich, die Bitcoin-Herstellung weniger ressourcenintensiv zu machen.
Elon Musk ist ein Rebell. Er hat mit Tesla geschafft, was vor ihm niemandem gelungen ist: Dank ihm ist das E-Auto heute salonfähig. Der Tech-Vordenker hat damit den Weg für eine CO2-arme Mobilität geebnet.
Der Mann, der die Autobranche auf Grün trimmt, macht diese Tage nicht nur mit seinem Umwelt-Engagement Schlagzeilen. Gestern hat Tesla angekündigt, 1,5 Milliarden Dollar in Bitcoin zu investieren. Zudem wird der Autobauer künftig Zahlungen in der Kryptowährung akzeptieren.
Die Bitcoin-Gemeinde reagierte euphorisch. Gestern kletterte die volatile Digitalwährung auf ein Allzeithoch von über 47'000 Dollar.
Bitcoin benötigt viel Strom
Die Entscheidung überrascht nicht. In den vergangenen Monaten hat sich das Tech-Wunderkind immer wieder für Kryptowährungen ausgesprochen. Die Ironie: Anders als E-Autos ist der Bitcoin kein Schritt in Richtung Umweltschutz.
Die Herstellung ist sehr ressourcenintensiv. Grund: Damit ein digitaler Coin entsteht, müssen Computer komplexe Rechenrätsel lösen. In der Szene nennt man dies Mining. Stromfresser sind auch die Transaktionen.
Wie viel Energie insgesamt gebraucht wird, zeigt ein Rechenmodell der Cambridge Universität. Im Moment benötigt das Bitcoin-Netzwerk jährlich fast 122 Terawattstunden – so viel wie noch nie. Und rund doppelt so viel, wie die ganze Schweiz pro Jahr.
Kohle, nicht Wasserkraft
Anders als bei uns stammt der Strom nicht primär aus umweltfreundlichen Wasserkraftwerken. Bitcoin-Mining wird primär in China, aber auch oft in Russland, in Kasachstan und in den USA betrieben. In der Regel mit billigem Strom aus fossiler Energie.
Die Cambridge-Forscher kamen jüngst zwar zum Schluss, dass 76 Prozent der Miner erneuerbare Energien nutzen. Nur wurden bei der Rechnung auch Krypto-Miner einbezogen, die nur teilweise grünen Strom nutzen. Ein Grossteil des Stroms der Bitcoin-Gemeinde stammt nach wie vor aus Kohle oder Erdgas.
Dabei entsteht viel CO2. Die Schätzungen über das Ausmass gehen weit auseinander: Je nach Rechnung ist der Bitcoin jährlich für zwischen 37 und 69 Millionen Tonnen des giftigen Treibhausgases verantwortlich. Zum Vergleich: Innerhalb der Schweiz werden pro Jahr 46 Millionen Tonnen CO2 in die Luft gepustet.
Eine Lösung liegt auf dem Tisch
Dabei müsste der Bitcoin nicht so dreckig sein: Die zugrundeliegende Technologie beim Mining könnte geändert werden. Eine alternative Technik dafür existiert bereits und wird aktuell von Ethereum, der zweiten grossen Kryptowährung vorangetrieben.
Doch stellt sich die Frage, ob die Bitcoin-Community einen Systemwechsel will. Die Mining-Farmen, die momentan gutes Geld machen, könnten nach einem Technologiewechsel dichtmachen.
Dass der Bitcoin ein Umwelt-Problem hat, ist unbestritten. Allerdings ist die Kryptowährung auch immer wieder mit halbgaren Vorwürfen konfrontiert.
So berichtete «Bloomberg» jüngst, eine Bitcoin-Transaktion verursache so viel CO2 wie 700'000 Zahlungen mit der Visa-Karte. Der Vergleich hinkt: Immerhin benötigt die Kreditkarten-Firma ein komplettes Banken-System, um zu funktionieren. Das wurde aber nicht berücksichtigt.
Die globale Bitcoin-Gemeinde nutzt aktuell 0,5 Prozent der globalen Stromproduktion. Ob es das wert ist? Darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Aktuell ist der Bitcoin primär ein riskantes Anlageobjekt – das dürfte sich bald auch nicht ändern.