Corona bringt unseren Menüplan durcheinander
Das Wichtigste in Kürze
- Die in- und ausländische Gemüseproduktion kann trotz Krise liefern – meistens.
- Allerdings mit Einschränkungen: Mehr übergrosses Wurzelgemüse, weniger Gourmet-Exoten.
- Saisonal und regional ist angesagt, gute Lagerfähigkeit wird geschätzt.
Wir werden nicht hungern und auch genügend Vitamine und Ballaststoffe essen können. Aber das Coronavirus zwingt den Konsumenten dazu, sich umzugewöhnen. In den nächsten Monaten dürften auf Schweizer Tellern öfter etwas ungewohnte Gemüsebeilagen landen.
Rüebli supersized, Salat gekräuselt
Die Gemüseproduzenten und -händler kämpfen zwar an allen Ecken und Enden mit Komplikationen, wursteln sich aber durch. Eine der Schwierigkeiten: Gastronomie und Detailhandel benötigen nicht unbedingt das gleiche Gemüse. Zum Beispiel die Kategorie «übergrosses Lagergemüse», erklärt Marcel Jampen, Bereichsleiter Markt beim Verband des Schweizerischen Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhandels.
«Die Gastronomie braucht eher Rüebli, die über 200g sind, weil man diese besser verarbeiten kann und es weniger Rüstabfall gibt.» Gleiches gilt für XXL-Sellerieknollen; beim Salat trifft es den Lollo, der im Detailhandel eher ein Nischendasein fristet. Solcherlei soll nun vermehrt beim Grossverteiler landen: «Wir sind am Organisieren, dass ja nichts vergeudet wird.»
Inland-Produktion gesichert
«Sowohl Pflanzgut wie auch Arbeitskräfte sind im Moment genügend vorhanden», sagt Markus Waber vom Verband Schweizer Gemüseproduzenten. Für die ausländischen Erntehelfer hat man Lösungen: «Die Einreise an der Schweizer Grenze ist möglich. Es könnte höchstens sein, dass Transitländer oder Herkunftsländer einschränkende Bestimmungen haben.»
Dank einheimischem Personal sollte man auch einen allfälligen Engpass abfedern können, so Waber. «Es gibt bereits Gastro-Personal, das als Erntehelfer eingesetzt wird.»
Kommt dazu, dass in den nächsten Monaten der Selbstversorgungsgrad der Schweiz massiv höher wird als im Jahresdurchschnitt, betont Marcel Jampen. «Das macht es eher einfacher, denn so können wir von der Produktion im Inland leben.»
Saisonal besinnlich
Denn bei der ausländischen Produktion werden den Händlern doch noch einige Steine in den Weg gelegt. ««Die Zollabfertigung ist einfach etwas verzögert», so Jampen. Dass Spanien oder Italien Produkte zurückbehalten wollten, seien aber Gerüchte.
«Eventuell fehlt mal etwas, was der Konsument gerne hätte – zum Beispiel Spargeln aus Mexiko waren eher etwas Mangelware.» Aber dafür gibt es in Coop und Migros ja jetzt besonders dicke Sellerie. «Die Konsumenten sollten sich besinnen, was saisonal und regional im Angebot ist.»
Alles Kabis
Die Konsumgewohnheiten haben sich offenbar bereits geändert, aber nicht unbedingt wunschgemäss, weiss Jampen. «Aus dem internationalen Umfeld hört man, dass weniger Beeren gegessen werden. Das könnte bei uns im Mai dann zu Absatzproblemen führen.»
Offenbar hält es sich mit der Lust auf tägliches Markt-Flanieren à la Jamie Oliver in Grenzen. «Man tendiert zu gut lagerfähigen Produkten wie Kartoffeln oder Kabis», berichtet Jampen. Sellerie, Leute, Sellerie – auch sehr gut lagerfähig. Herr Oliver empfiehlt ihn als cremigen Gratin, samtene Suppe, mit Knoblauch geröstet oder in einer klassischen Senf-Remoulade.