Corona treibt Velo-Branche – Nachfrage im Mai explodiert
In der Velo-Branche sind die Verkaufszahlen seit dem Lockdown in die Höhe geschnellt. Im Vergleich zum Vorjahr war die Nachfrage im Mai dreimal so hoch.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Velo-Branche profitiert von den Folgen der Corona-Pandemie.
- Viele Menschen sattelten seit dem Lockdown aufs Fahrrad um.
- Im Mai ist die Nachfrage nach Zweirädern regelrecht explodiert.
Die Corona-Krise sorgt für einen Boom bei den Velo-Händlern. Die Menschen meiden den öffentlichen Verkehr und steigen auf individuellen Transport um. Als preisgünstige und einfach umzusetzende Alternative bietet sich dabei das Velo oder auch das E-Bike an.
Seitdem die Läden wieder geöffnet haben, verzeichnet der Velo-Handel eine Explosion beim Absatz. «Im Mai lagen die Verkaufszahlen dreimal so hoch wie im Vorjahr», sagte Martin Platter vom Verband Velosuisse.
Die hohe Nachfrage sorgt in manchen Bereichen für Engpässe im Angebot. «Insbesondere Mountainbikes, Kindervelos und City-Räder sind gefragt. Aber auch bei den E-Bikes setzt sich der starke Trend fort», sagte Platter weiter.
Nur Werkstätten im Lockdown offen
«Es wird alles gekauft, auch die Modelle aus dem Vorjahr oder Gebraucht-Velos. Die meisten Hersteller haben inzwischen Lieferfristen von drei bis acht Wochen.»
Auch beim Verband der Zweiradbetriebe und -Werkstätten «2rad Schweiz» registriert man seit der Öffnung ab Mitte Mai einen sprunghaften Anstieg. Er deckt zusätzlich zu den Velos auch den Töff- und Motorradhandel ab.
Im Lockdown ab dem 17. März durften nur die Werkstätten geöffnet haben, weil sie als systemrelevant eingestuft wurden. Der Verkauf wurde untersagt.
«Es hat eine unerwartete, starke Nachfrage für alle Zweiräder eingesetzt», kommentierte Sprecher Daniel Schärer. «Der Zeitraum April bis Juni ist zwar sowieso die Höchstsaison der Branche, trotzdem kann man von einem eigentlichen Boom sprechen.»
Der Produktionsstillstand in wichtigen Herstellerländern würde teilweise zu fehlendem Nachschub führen. «Viele Lieferanten sind derzeit ausgeschossen», sagte Schärer. Auch Platter rechnet damit, dass es vereinzelt zu Wartefristen oder Engpässen kommen könnte. Bei Ersatzteilen seien die Lager aber weiter gut bestückt.
«Die Leute brauchen das Velo für die Freizeit, aber auch für die Fahrt zur Arbeit», betonte Schärer weiter. Das macht sich auch in den Werkstätten bemerkbar. «Für Servicearbeiten sind die Zweiradbetriebe zwischen drei und acht Wochen ausgebucht.»
Termin für Verkauf und Service nötig
Auch Platter sieht beim Personal einen Flaschenhals. «Die Belegschaften in den Velofabriken und Werkstätten können nicht beliebig vergrössert werden. Denn es gelten nach wie vor die Abstands- und Hygieneregeln des BAG.»
«Damit wir die hohe Auslastung bewältigen können, ist bei uns im Verkauf und Service ein Termin nötig.» Das sagt etwa Thomas Ernst von Velo Zürich in Albisrieden.
Der auf E-Bikes spezialisierte Velo-Händler versucht so die zeitintensive Bedienung von Laufkundschaft zu vermeiden. Auch er berichtet über einen guten Absatz. «Seit Anfang Jahr haben wir 40 Prozent mehr verkauft, und das inklusive Lockdown.»
Engpässe befürchtet Ernst wegen seiner guten Lagerbestände derzeit nicht. Verzerrungen im Markt gebe es aber schon. So sei etwa die Nachfrage in Asien nach Klapprädern aktuell so gross, dass man aus eigenen Beständen dorthin geliefert habe.
Dass die Corona-Krise für einen Velo-Boom sorgen würde, habe sich schon im April abgezeichnet, sagte der Velosuisse-Sprecher. «Die Werkstätten waren ja auch im Lockdown weiter geöffnet und voll beschäftigt.» Auffällig sei dabei etwa eine hohe Nachfrage nach 26-Zoll-Reifen oder Reparaturen von älteren Federgabeln und Dämpferelementen gewesen. «Das hat gezeigt, dass da viele ältere Mountainbikes wieder aktviert wurden.»
Ein Ende des Booms sei derzeit noch nicht in Sicht. «Die Menschen meiden weiter den öffentlichen Verkehr. Und die Einführung der Maskenpflicht in Bahnen und Bussen könnte nochmals für einen Schub sorgen», sagte Platter. «Und der Markt ist noch weit von einer Sättigung entfernt.»