Coronavirus: Das Milliardengeschäft mit dem Impfstoff
Trotz Erfolgsmeldungen ist das Wettrennen um einen Impfstoff gegen das Coronavirus nicht vorbei. Die Branche hat hohe Risiken, doch diese könnten sich lohnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Jährlich dürfte die Welt bis 12 Milliarden Corona-Impfdosen benötigen.
- Der Umsatz mit Impfungen dürfte sich innert wenigen Jahren verdoppeln.
- Roche und Novartis sind nicht im Impfgeschäft tätig.
Es war die Meldung, auf die die Welt gewartet hatte. Letzte Woche verkündeten Pfizer und Biontech, dass ihr gemeinsam entwickelter Impfstoff gegen das Coronavirus zu 90 Prozent wirksam sein soll. Zudem stellten die Unternehmen in ihren Studien keine schwerwiegenden Nebenwirkungen fest.
Heute legte Moderna nach. Die Impfung der Biotech-Firma soll gar eine Wirksamkeit von 95 Prozent haben.
Solche Nachrichten freuen die Börsianer. Pharmaanalyst Michael Nawrath von der Zürcher Kantonalbank relativiert: «Die hohe Wirksamkeit sollte nicht falsche Hoffnungen schüren. Die Studien hatten nur eine Beobachtungszeit von wenigen Monaten.» Längerfristig werde sich zeigen, dass die Schutzwirkung geringer ausfalle.
«Aber die Mindestanforderung von einem 50-prozentigen Schutz scheint erstmal gewährleistet. Und vielleicht ist der Medizin mit den neuartigen mRNA-Impfstoffen auch ein weiterer Meilenstein, eine Revolution der zukünftigen Impfstoffentwicklung geglückt.» Denn diese Impfstoffe lassen sich schnell zu geringen Kosten herstellen und hohe Produktionskapazitäten innert kürzester Zeit aufbauen. Als Achillesferse sieht Nawrath dann einzig die Logistik mit der schwierigen Aufbewahrung in Kühlketten.
Die Pharmabranche machte mit Impfstoffen schon vor der Krise gutes Geld, obwohl Preise und Margen geringer sind als etwa bei Krebsmedikamenten. Gemäss dem Marktforscher Global Market Insights lag der Umsatz mit Impfstoffen letztes Jahr bei über 40 Milliarden Dollar, über fünf Prozent des Gesamtumsatzes der Branche.
Umsatz zieht wegen Coronavirus stark an
Das Coronavirus beflügelt das Geschäft. Global Market Insights rechnet, dass der Bereich bis 2026 auf 82 Milliarden Dollar wachsen dürfte – fast eine Verdoppelung innert weniger Jahren.
Nicht alle wollen mit einem Corona-Impfstoff den grossen Reibach machen. Johnson & Johnson und Astra Zeneca haben angekündigt, die Impfung zum Selbstkostenpreis abgeben zu wollen. Pfizer-Biontech verlangen mehr, pro Person rund 40 Dollar für beide Impfshots.
Und die Impfung von Moderna soll fast doppelt so teuer sein. «Insgesamt dürften die Preise nicht zu hoch sein, da die Impfung von Versicherungen in der ganzen Welt bezahlbar sein soll».
Das Rennen wird nicht ein Konzern machen. Denn gemäss dem Pharmaexperten braucht es jährlich rund 10 bis 12 Milliarden Impfdosen, um bis 70 Prozent der Weltbevölkerung für eine Herdenimmunität zu impfen. «Pfizer-Biontech alleine wird nicht genügend Dosen herstellen können, die Produktionskapazität ist zu gering. Zudem ist die Logistik eine grosse Herausforderung.»
Roche und Novartis mischen nicht mit
Im Impfstoffbereich wird von vier Unternehmen dominiert, die Schweizer Pharmagiganten fehlen aber gänzlich. Roche war nie in diesem Bereich tätig, Novartis hat das Impfstoffgeschäft vor sechs Jahren abgestossen. Daran dürfte sich auch nichts ändern, glaubt Nawrath.
Das Impfstoffgeschäft ist mit Risiken verbunden. Die Entwicklungskosten liegen bei weit über einer Milliarde Franken. Und: «Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist relativ gering, weil Impfstoffe zu 100 Prozent sicher sein müssen, um gesunden Menschen verabreicht zu werden.»
Ganz untätig ist die Schweiz im Impfstoffbereich nicht. Geht alles nach Plan, wird der Basler Chemiekonzern Lonza ab Dezember im Auftrag des US-Impfherstellers Moderna einen Wirkstoff gegen das Coronavirus herstellen. Die Anlage in Visp VS soll jährlich 300 Millionen Dosen herstellen können. Doch erst braucht es eine Zulassung.