Darum wirbt Kitag mit Geschlechter-Klischees
Kitag führt Männer- und Frauen-Abende durch. Dabei setzt die Kinobetreiberin auf Geschlechter-Klischees. Der Experte zeigt Verständnis.
Das Wichtigste in Kürze
- Kitag bewirbt Frauen- und Männer-Abende mit klischeehafter Werbung.
- Ein Wirtschaftspsychologe erklärt, warum das Sinn macht.
Von Rekordzeiten sind die Kino-Betreiber weit entfernt. Fast jährlich sinken die Besucherzahlen. 2018 gingen 11,7 Millionen Schweizer ins Kino, der tiefste Wert seit 38 Jahren.
Kino-Betreiber geben sich darum kreativ, um Publikum in die Säle zu locken. Kitag führt etwa Ladys- und Men's-Nights durch. Wie der Name sagt, richten sich diese Vorstellungen exklusiv an Männer oder Frauen.
Um die Events zu bewerben, setzt Kitag auf Klischees. Das Plakat für die Ladys-Night ist pink hinterlegt, jenes für die Men's-Night blau. Im Eintritt inbegriffen sind ein Bier beim Männer-Abend, ein Eve beim Frauen-Abend.
Kriegsfilm für Männer, Liebesfilm für Frauen
Unterschiedlich auch die Filmauswahl. Bei der letzten Men's-Night wurde der Kriegsfilm «Midway» gezeigt, bei kommenden der Ladys-Night läuft die romantische Komödie «Last Christmas».
«So viele Klischees auf zwei Plakaten. Das kann ich kaum glauben», klagt eine Nau-Leserin. «Das ist doch überhaupt nicht zeitgemäss!»
Warum setzt Kitag so stark auf Klischees? Auf Anfrage von Nau sagt Firmensprecherin Olivia Willi: «Wir wählen bewusst Filme für die jeweiligen Events aus, welche gemäss unseren Erfahrungswerten die einzelnen Zielgruppen ansprechen.» Beide Angebote kämen bei der Kundschaft sehr gut an.
Wirtschaftspsychologe Christian Fichter, Professor an der Kalaidos Fachhochschule, erklärt: «Es ist eine wissenschaftlich erwiesene Tatsache, dass Frauen und Männer im Durchschnitt unterschiedliche Interessen haben.» Von daher sei es für Werber völlig klar, dass beide Geschlechter unterschiedlich angesprochen werden müssen.
Rollenbilder durchbrechen
Der Wirtschaftspsychologe erläutert, warum Unternehmen mit Geschlechter-Klischees werben. Für Unternehmen sei es «kurzfristig finanziell lohnender» Stereotypen abzudecken.
Aus gesellschaftlicher Sicht wäre es allerdings wünschenswert, mit Werbung nicht nur klassische Rollenbilder zu zeigen, «sondern diese auch mal zu durchbrechen», findet Fichter. «Frauen und Männer sollen tun und lassen dürfen, was sie wollen, und nicht nur das, was ihren traditionellen Rollen entspricht. Von daher würde ich es begrüssen, wenn es mehr Werbung geben würde, die klassische Rollenbilder durchbricht.»
Denn die Werbung bedient nicht nur Stereotypen, sie hilft auch, sie zu formen. «Farbpräferenzen – im Gegensatz zu den Interessen – sind überwiegend nicht angeboren, sondern gelernt.»