E-Auto als Jobkiller? Autobranche malt schwarz
Die deutsche Autobranche schlägt Alarm: Durch den Wandel zu E-Mobilität würden Tausende Jobs verschwinden. Der Experte widerspricht.
Das Wichtigste in Kürze
- Laut dem Ifo sollen in Deutschland bis 2025 100'000 Jobs in der Autobranche verschwinden.
- Die Auswirkungen der E-Mobilität auf Schweizer Zulieferer sind gemäss Swissmem unbekannt.
- Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer kritisiert die Studie der Autobranche scharf.
Langsam nimmt die E-Mobilität Fahrt auf. Immer mehr Kunden ersetzten ihren Verbrenner mit einem Stromer. Die Branche zieht mit: Kaum ein Autobauer bietet heute noch kein Elektroauto an.
Der Wandel hat allerdings auch Schattenseiten. Weil E-Autos aus weniger Komponenten bestehen, sind gewisse Spezialisten nicht mehr gefragt. Resultat: Stellen verschwinden. Zu diesem Schluss kommt zumindest eine Studie des deutschen Ifo-Instituts, die der Verband der Automobilindustrie in Auftrag gegeben hat.
Konkret: Bis 2025 sollen allein in Deutschland mindestens 178'000 Jobs wegfallen. In dieser Zeit gehen nur 75'000 Personen in den Ruhestand. Netto verschwinden folglich rund 100'000 Stellen – nicht nur bei den Autobauern, sondern auch bei Zulieferer. Eine langfristige Prognose wagen die Forscher aufgrund vieler Unsicherheitsfaktoren allerdings nicht.
Über 30'000 Jobs in der Schweiz
Was heisst das für die Schweiz? Hierzulande werden keine Autos, aber Komponenten dafür gebaut. Gemäss dem Branchenverband Swissmem sind rund 34'000 Mitarbeiter in über 500 Unternehmen in der Automobilzuliefererindustrie tätig. Nicht nur im Bereich Motorenbau, auch Komponenten für Getriebe, Abgas-Behandlung oder Kühlsystem werden in der Schweiz hergestellt.
Der Trend zu E-Mobilität habe Konsequenzen auf die inländischen Zulieferer, sagt Swissmem-Sprecher Ivo Zimmermann. «Dessen sind sich die Unternehmen bewusst und sind vielerorts bereits seit Jahren dabei, sich den neuen Anforderungen anzupassen.»
Die Schweizer Zuliefererindustrie habe sich immer wieder an Änderungen gewöhnen müssen. Schafft sie das auch bei der E-Mobilität? Zimmermann hält sich mit seiner Prognose zurück: «Wie viele Jobs dadurch gefährdet sind und wie viele neue geschaffen werden, lässt sich derzeit nicht abschätzen.»
Experte kritisiert Studie scharf
Fraglich, ob die Horrorszenarien der Autobranche eintreffen. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer bezeichnet die Studie als «durchsichtige Auftragsarbeit».
Der Direktor des Center Automotive Research in Duisburg glaubt, dass der Verband damit zwei Ziele verfolge: «Einerseits für Mitglieder und Kunden im Zulieferfeld ein Szenario aufzubauen, dass den Umstieg in die Elektromobilität verzögert.» Zum anderen wolle sich die Branche den Übergang zu E-Auto mit Bundesgeldern finanzieren lassen.
Dudenhöffer sieht für den Standort Deutschland grosses Potenzial. Für die Chemieindustrie, in der Batterie-Produktion, Softwareentwicklung, aber auch im Recycling. «All das zeigt uns, welches Potenzial wir in Deutschland heben können.»
In der Schweiz seien die Motoren-Anteile in der Zulieferindustrie überschaubar, sagt Dudenhöffer. Das Risiko sei gering, die Chancen umso grösser. «Die Schweiz hat mit der ETH in Zürich und anderen hervorragende Forschungsstätten und Unternehmen, die an der Batterie- und Energiewelt der Zukunft mitarbeiten, sehr gute Chancen.»