Elektroauto: Hat die Schweiz genug Strom?
Der Bundesrat will den Verkehr grün machen und setzt auf das Elektroauto. Damit steigt aber der Strombedarf deutlich an.
Das Wichtigste in Kürze
- Wäre jedes Auto elektrisch, stiege der Strombedarf um bis 15 Terawattstunden jährlich.
- Der Strombedarf dürfte mit einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien gedeckt werden.
Das Elektroauto kommt in Fahrt. Das Angebot wächst, die Akzeptanz ebenfalls. Letztes Jahr kurvten über 43'000 E-Autos auf unseren Strassen umher, das entspricht rund einem Prozent der gesamten Autoflotte. Doch was, wenn die ganze Schweiz mit einem Elektroauto rumfahren würde?
Aktuell verbraucht die Schweiz pro Jahr rund 65 Terawattstunden Strom. «Wäre jedes Auto elektrisch, kämen 10 bis 15 Terawattstunden dazu», sagt Christian Schaffner vom Energy Science Center der ETH Zürich.
Die ETH glaubt, dass der Stromverbrauch in dreissig Jahren höher sein wird als heute. Wie soll man den Bedarf decken? «Wir gehen davon aus, dass bis 2050 rund 40 Terawattstunden zusätzlich durch Fotovoltaik dazukommen», erklärt Schaffner. Damit könne der Wegfall der Kernenergie mehr als kompensiert werden.
Intensivere Zusammenarbeit mit der EU
Bereits heute ist die Schweiz Teil des europäischen Stromnetzes. Diese Zusammenarbeit dürfte sich künftig verstärken, glaubt Schaffner. «Das Netz ist dafür gut genug. Allerdings muss auch die EU mit uns Strom austauschen wollen.»
Trotzdem werden wegen des hohen Anteils an erneuerbaren Energien künftig mehr Stromspeicher benötigt. Die Schweiz steht hier dank Pumpspeicherwerken bereits heute gut da. «Wasserstoff könnte eine Möglichkeit sein, um Strom für längere Zeit zu speichern.»
Insgesamt stellt der Wechsel zu erneuerbaren Energien ganz Europa vor eine grosse Herausforderung. «Das liegt nicht nur an der Produktion, sondern auch an den Netzkapazitäten. Technisch ist es möglich, Engpässe zu steuern.»
Wo das Elektroauto aufladen?
Darum muss sich die Politik kümmern. So liessen sich Engpässe etwa damit lösen, indem der Strompreis während Stosszeiten höher ist.
Eine andere Energie-Debatte läuft auf Konsumentenseite. Viele Autokäufer schrecken fehlenden Lademöglichkeiten vom Kauf eines E-Autos ab. Der Hausbesitzer kann oft problemlos eine Wallbox installieren, der Mieter eines Tiefgaragenplatzes nicht immer. Und wer sein Auto in der blauen Zone parkiert, sowieso nicht.
Krispin Romang, Geschäftsführer Swiss eMobility erinnert, dass Autofahrer mit einem Verbrenner zur Tankstelle fahren müssen. «Dieser Normalfall ist bei der Elektromobilität der ungünstigste Fall, aber auch problemlos möglich.» Zudem könne das Auto auch unterwegs oder beim Wocheneinkauf aufgeladen werden.
Verband fordert Recht auf eigene Ladestation
«Darüber hinaus steigt das Angebot an Lademöglichkeiten in der blauen Zone. Viele Städte bieten mittlerweile Parkzonen an oder machen das Laden an Laternen möglich.» Aber auch Romang sieht Handlungsbedarf. «Mieter und Stockwerkeigentümer müssen so schnell wie möglich das Recht auf eine eigene Ladestation erhalten.»
Doch reicht die aktuelle Infrastruktur dafür aus?
«Stromtankstellen in Tiefgaragen müssen intelligent laden», sagt ETH-Forscher Schaffner. Sodass, wenn alle Autos gleichzeitig eingesteckt würden, nicht alle Fahrzeuge sofort mit Volllast aufgeladen werden. Oder die Ladeleistung reduziert wird. «Dann kann der Ausbau der Netzinfrastruktur reduziert werden.»