Experte: «Zalando müsste Gratisretouren abschaffen»
Zalando verzeichnete Anfang Jahr seinen ersten Umsatzrückgang. Auch die Prognosen fürs restliche Jahr sehen düster aus. Experten schätzen die Situation ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Erstmals seit der Gründung im Jahr 2008 nimmt der Umsatz von Zalando ab.
- Die Gründe dafür liegen bei den Konsumenten, aber auch bei der Wirtschaft.
- Dass Zalando wieder zu einem Höhenflug ansetzt, bezweifeln Experten.
2008 gegründet, gehört Zalando heute zu den erfolgreichsten Onlinehändlern in ganz Europa. Allein im letzten Jahr gewann das deutsche Unternehmen mehr als 10 Millionen Neukundinnen und Neukunden dazu. Damit darf es heute fast 49 Millionen Menschen zu seiner aktiven Kundschaft zählen.
Doch so schön die Erfolgsgeschichte auch klingen mag. Seit Anfang Jahr bröckelt sie. Denn erstmals überhaupt verzeichnete Zalando Anfang dieses Jahres einen Umsatzrückgang. Der Aktienkurs hat seither mehr als 50 Prozent nachgegeben und notiert damit wieder auf dem Niveau von vor sechs Jahren.
Und auch für das restliche Jahr hat der Onlinehändler seine Prognosen zusammengestrichen. Statt den erhofften 12 bis 19 Prozent Umsatzwachstum, sind es heute noch maximal 3 Prozent. Im schlimmsten Fall geht Zalando sogar von einem stagnierenden Umsatz in der Höhe von 10,4 Milliarden Euro aus.
Inflation frisst Zalando die Marge weg
Doch was ist bloss geschehen? Warum geht die Erfolgsgeschichte nicht weiter? Die Gründe dafür sind vielseitig. «Einerseits nimmt der corona-bedingte Online-Boom allmählich wieder ab», erklärt Darius Zumstein, Head of E-Commerce Lab der ZHAW.
«Andererseits hat sich auch das Konsumverhalten deutlich verändert.» Statt Billig-Klamotten und Fast-Fashion, stünden neu Umweltbewusstsein und Secondhand-Shops hoch im Kurs.
«Abgesehen davon», so Zumstein, «schmälern die hohen Versand- und Retourenkosten die schwarzen Zahlen.» Genau aus diesem Grund verlange Zalando auch seit kurzem Versandkosten bei einem Bestellwert unter 29.90 Franken.
Der wohl wichtigste Grund für die Talfahrt bei Zalando sei allerdings die aktuelle Wirtschaftslage. «Die Inflation frisst den Onlinehändlern die Margen weg», erklärt Zumstein. «Deswegen müssen sie auf die Kostenbremse drücken und die Preise erhöhen.» All das schwäche natürlich auch die Nachfrage.
Umdenken bringt Erfolg zurück
Markenexperte Stefan Vogler hat deshalb wenig Hoffnung in die Zukunft Zalandos. «Der Pionier wird auch morgen noch einen bedeutenden Marktanteil halten können», hält er fest. «Aber die goldenen Zeiten mit schier unendlichem Wachstum sind wohl definitiv vorbei.»
Nur eine Sensibilisierung für die richtige Grösse im Bestellprozess inklusive einer Abschaffung der Gratisretouren könnte den Onlinehändler zurück auf Erfolgskurs bringen. «Zwar würde der Umsatz kurzfristig sinken», erklärt Vogler. «Der Ertrag aber dürfte steigen.»