EZB dürfte Leitzinsen am Donnerstag unverändert bleiben
Die Europäische Zentralbank könnte bei ihrer nächsten Sitzung eine Pause einlegen, sagen Experten.
Anfang Juni hatte die Europäische Zentralbank (EZB) erstmals seit knapp fünf Jahren wieder die Zinsen gesenkt – doch bei ihrer kommenden Sitzung am Donnerstag dürfte sie nach Einschätzung von Experten nun wieder eine Pause einlegen. Noch zu unvorhersehbar scheint die Entwicklung der Inflation, besonders im Dienstleistungsbereich.
In einer beispiellosen Serie hatte die EZB ihre Leitzinsen zwischen Mitte 2022 und Oktober 2023 zehnmal in Folge erhöht. Zwischen Oktober 2023 und Juni 2024 legte die Notenbank dann eine Zinspause ein, bevor der EZB-Rat bei der vergangenen Sitzung entschied, die drei Leitzinsen um je 0,25 Prozentpunkte zu senken.
Der zentrale Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB leihen können, liegt seither bei 4,25 Prozent. Der Zinssatz zur kurzfristigen Beschaffung von Geld, der Spitzenrefinanzierungssatz, sank auf 4,5 Prozent. Der für Sparerinnen und Sparer relevante Einlagenzins verringerte sich auf 3,75 Prozent.
Dass nun bei den nächsten Sitzungen direkt weitere Zinsschritte folgen könnten, hatte EZB-Chefin Christine Lagarde wiederholt infrage gestellt. «Wir wissen, wo wir aktuell stehen, aber es wird weitere Hindernisse auf dem Weg geben», sagte sie nach der vergangenen Ratssitzung Anfang Juni. Die Zentralbanker würden sich auch in Zukunft auf die Daten zu Inflation, Aussichten und den Auswirkungen ihrer Geldpolitik verlassen und erst dann entscheiden, betonte Lagarde.
Wenig neue Daten seit letzter Sitzung
Seit dem Juni-Treffen sind nach Ansicht des ING-Analysten Carsten Brzeski «nicht viele wichtige Daten veröffentlicht worden». Die Werte, die es gibt, deuteten eher auf ein schwächeres Wachstum, eine niedrigere Gesamtinflation, aber eine «schleppende Kern- und Dienstleistungsinflation hin».
Die Inflation im Euroraum lag zuletzt bei 2,5 Prozent, die Kerninflation ohne Nahrung, Energie, Alkohol und Tabak jedoch etwas höher bei 2,9 Prozent. Dienstleistungen waren sogar 4,1 Prozent teurer als im Vorjahresmonat.
Auch der Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib, erscheint die «Besonnenheit» der EZB, voraussichtlich auf eine weitere Senkung zu verzichten, «angemessen». Für September erwartet sie dann aber einen weiteren Zinsschritt. «Wesentliche Voraussetzung ist jedoch, dass sich bis dahin die Anzeichen für eine Abschwächung des Lohnwachstums verdichten», erklärte sie.
Brzeski erwartet bei der Sitzung am Donnerstag derweil keine Hinweise auf das weitere Vorgehen bei der übernächsten Sitzung im September. Das wäre «verfrüht, um nicht zu sagen unverantwortlich», erklärte er. Für die EZB sei die Situation vor dem Treffen im September, vor dem es weitere Daten geben wird, nicht einfach: Einerseits kämpfe sie gegen die hartnäckige Teuerung, andererseits dürfe die Juni-Entscheidung nicht wie ein Fehler wirken.