Firmen scheuen Börsengang wegen Corona-Pandemie
Viele Firmen haben im laufenden Jahr den Börsengang gescheut. Schuld daran ist die Corona-Pandemie. 2021 könnte sich die Lage bereits wieder verbessern.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Finanzmärkte waren 2020 wegen der Corona-Krise von Schwankungen geprägt.
- Entsprechend haben nur wenige Firmen einen Börsengang gewagt.
- Im kommenden Jahr könnte sich die Situation bereits wieder verbessern.
Börsengänge spielen traditionell keine grosse Rolle in Deutschland. Das Corona-Jahr aber war das schwächste seit der globalen Finanzkrise, so eine neue Studie. Für das kommende Jahr ist Besserung in Sicht.
Verunsichert von der Corona-Pandemie haben dieses Jahr kaum Unternehmen einen Börsengang gewagt. Lediglich fünf Firmen legten im streng regulierten Prime Standard einen Börsengang hin. Dies zeigt eine Studie der Hamburger Beratungsfirma Kirchhoff Consult.
Das waren zwar zwei mehr als im Vorjahr. Doch der Wert der ausgegebenen Aktien fiel um fast 75 Prozent zum schon schwachen Vorjahr auf rund 0,9 Milliarden Euro. Das sei ein Tief seit der globalen Finanzkrise 2009. Börsengänge im Volumen von über einer Milliarde Euro blieben im Corona-Jahr aus.
Finanzmärkte durch Pandemie zu unsicher
Die Angst vor der Seuche, Shutdowns und wirtschaftliche Einbrüche führten zu immensen Schwankungen an den Finanzmärkten: Gift für den Börsengang. So stürzte etwa der Dax im Frühjahr um rund 40 Prozent ab. Später erholte er sich dank grosszügigen Staatshilfen und der lockeren Geldpolitik der Zentralbanken. Auch die Präsidentschaftswahl in den USA sorgte für Kursschwankungen.
«2020 war ein unberechenbares Jahr für Börsengänge», sagte Klaus Rainer Kirchhoff, Vorstandschef von Kirchhoff Consult. Unternehmen sagten ihre Pläne ab oder verschoben den Gang aufs Parkett – darunter der Energiekonzern Wintershall Dea. Auch international gab es Turbulenzen: So wurde der als Rekord gehandelte Börsengang des chinesischen Finanzriesen Ant Group kurzfristig abgeblasen.
Nur wenige haben Börsengang gewagt
Zu den wenigen Börsengängen in Deutschland 2020 zählte der des Rüstungskonzerns Hensoldt mit einem Emissionsvolumen von fast 403 Millionen Euro. Knaus Tabbert (Wohnmobile), PharmaSGP Holding (Pharma) und Compleo Charging Solutions (Ladesäulen) wagten ebenfalls den Börsengang. Ihre Branchen wuchsen trotz der Corona-Krise.
Hinzu kam eine Privatplatzierung der Technologieholding Brockhaus Capital Management. Die Abspaltung von Siemens Energy vom Münchner Dax-Konzern wurde in der Studie nicht berücksichtigt. Dabei wurden Siemens-Aktionären Papiere von Siemens Energy automatisch ins Depot gebucht.
Der Prime Standard der Deutschen Börse ist das Segment mit den höchsten Transparenzpflichten für Unternehmen. Zudem gaben zwei Firmen im Segment Scale für Start-ups ihr Debüt: der Handtaschen-Onlinehändler Fashionette und die Softwarefirma Exasol.
Kirchhoff vermutet Besserung
Für das kommende Jahr ist Kirchhoff zuversichtlicher. Sofern sich die Hoffnung auf wirksame Corona-Impfstoffe erfülle und die Pandemie beherrschbarer werde, könnten einige Unternehmen aufs Börsenparkett drängen. «Viele attraktive Unternehmen sind bereit für die Börse», sagte Vorstand Jens Hecht.
Man rechne mit 12 bis 15 Neuemissionen. Zu den Kandidaten, die einen Börsenwert in Milliardenhöhe erreichen könnten, zählt Kirchhoff den Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea. Dazu kommen der Softwareentwickler Suse, der Wissenschaftsverlag Springer Natur und der Online-Modehändler About You.
Kredite und Hausbanken bevorzugt
Börsengänge spielen in Deutschland seit Jahren kaum eine Rolle. Viele Unternehmen scheuen den Kapitalmarkt und finanzieren sich traditionell lieber über Kredite ihrer Hausbanken oder geben Anleihen heraus.
Im vergangenen Jahr gab es in dem Softwareunternehmen Teamviewer und der Volkswagen-Lkw-Tochter Traton immerhin zwei Milliarden-Börsengänge. Ansonsten herrschte weitgehend Flaute.