Carlos Ghosn: Ex-Nissan-Chef ignoriert Kautionsauflagen
Der frühere Chef von Renault-Nissan, Carlos Ghosn, der in Japan in Haft gesessen hatte, meldet sich überraschend aus dem Libanon.
Das Wichtigste in Kürze
- Carlos Ghosn hat offenbar Japan verlassen und ist nach Beirut gereist.
- Unklar ist, wie der Ex-Nissan-Chef Japan verlassen konnte.
- Er steht dort nämlich wegen Vorwürfen finanziellen Fehlverhaltens unter Hausarrest.
Der in Japan auf Kaution freigelassene frühere Autoboss Carlos Ghosn ist eigenmächtig und ohne Genehmigung der japanischen Behörden in den Libanon ausgereist. Er sei «nicht länger eine Geisel des manipulierten japanischen Justizsystems», erklärte der frühere Konzernchef von Renault am Dienstag in einer Stellungnahme.
Japans Justiz habe ihm grundlegende Rechte verwehrt, das Prinzip der Unschuldsvermutung ignoriert und gegen internationale Abkommen verstoßen. «Ich bin dem Unrecht und politischer Verfolgung entkommen.» Am 19. November 2018 war Ghosn in Tokio wegen Verstoßes gegen Börsenauflagen festgenommen und angeklagt worden.
Weiter liess Ghosn verlauten: «Ich bin nicht vor der Justiz geflohen - ich bin Ungerechtigkeit und politischer Verfolgung entkommen. Ich kann jetzt endlich frei mit den Medien kommunizieren und freue mich darauf, nächste Woche damit anzufangen.»
Wie konnte Ghosn unerkannt aus Japan ausreisen?
Sein Auftauchen in Beirut wirft Fragen darüber auf, wie einer der weltweit bekanntesten Führungskräfte nur Monate vor seinem Prozess unerkannt aus Japan ausreisen konnte. Der ehemalige Automanager besitzt neben der französischen auch die libanesische und brasilianische Staatsbürgerschaft.
Weder sein Anwalt noch ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Tokio äusserten sich unmittelbar, als sie zuvor über Ghosns Aufenthaltsort befragt wurden. Ein Nissan-Sprecher lehnte einen Kommentar ab. Eine Sprecherin der libanesischen Botschaft in Tokio sagte: «Wir haben keine Informationen erhalten».
Nach Angaben libanesischer Medien reiste Ghosn über die Türkei in den Libanon. Er sei mit einer Privatmaschine von der Türkei nach Beirut geflogen. Der frühere Konzernchef hat familiäre Wurzeln im Libanon.
Carlos Ghosn bestreitet Anschuldigungen
Ghosn war von der japanischen Justiz unter strikten Auflagen und gegen Kaution aus der Haft entlassen worden. Für das kommende Frühjahr war der Beginn seines Prozesses in Japan angesetzt.
Die japanische Staatsanwaltschaft wirft Ghosn unter anderem vor, persönliche Verluste auf Nissan übertragen haben. Er streitet alle Anschuldigungen ab. Der einst gefeierte Automanager war im November 2018 in Japan festgenommen worden.
Der Libanon hat nach Angaben des japanischen Justizministeriums keinen Auslieferungsvertrag mit Japan. Es gilt daher als unwahrscheinlich, dass Ghosn gezwungen werden könnte, nach Tokio zurückzukehren, um sich vor Gericht zu verantworten.