Globetrotter lässt Mitarbeitende wählen, wer geht

Elisa Jeanneret
Elisa Jeanneret

Bern,

Bei Globetrotter herrscht eine neue Unternehmenskultur: die Soziokratie. Angestellte müssen untereinander ausmachen, wer geht und wer bleiben darf.

Globetrotter
Bei Globetrotter herrscht eine neue Unternehmenskultur: die Soziokratie. Dadurch sollen Mitarbeitende mehr Motivation und Selbstdisziplin bekommen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Reisebranche erwartet wegen der Coronakrise ein Umsatzminus von 80 Prozent.
  • Das Reisebüro Globetrotter musste wegen Corona vier von 21 Filialen schliessen.
  • Nun lässt CEO Dany Gehrig das Team entscheiden, wer seine Anstellung behalten darf.

Für Globetrotter-Mitarbeiter folgt eine Bombe der anderen. Anfang Jahr wurden sie informiert, es würde eine Reorganisation der Unternehmensleitung stattfinden. Ende Juni teilte der Verwaltungsrat des Reisebüros mit, es müssten vier Filialen schliessen.

Angestellte konnten sich über das Intranet auf verfügbare Stellen innerhalb von Globetrotter bewerben. Am 10. August fingen die Wahlen für die verfügbaren Stellen an, wie der «Tagesanzeiger» berichtete. Ja, richtig: Wahlen.

Die Soziokratie und wie sie funktioniert

Bei Globetrotter wollte CEO Dany Gehrig Anfang Jahr die Soziokratie einführen. Das Konzept gibt es schon seit den 60er Jahren. Es soll Angestellte eines Unternehmens aktiv im Entscheidungsprozess einbinden, um die Motivation und Selbstdisziplin zu erhöhen. Zudem sollen sich Mitarbeitende besser mit ihrem Arbeitgeber identifizieren können.

Abstimmung Hand
Abstimmung per Handzettel (Symbolbild). - Keystone

Die Restrukturierung geschah aber mitten in einer finanziellen Krise. Deswegen werden jetzt Entlassungen bei Globetrotter mittels Wahlen entschieden. Diese werden von den Angestellten durchgeführt.

Kurz: Jede Person muss erklären, wieso er oder sie die gewünschte Stelle bekommen soll. Die Wahlgänge werden von Dany Gehrig moderiert.

Befremdlich für die Angestellten

Das Vorgehen gefällt nicht allen. In zwei Berner Filialen habe es so viele freiwillige Kündigungen gegeben, dass alle, die wollten, ihre Stelle behalten konnten. Es sei den meisten unangenehm gewesen, einen solchen Konkurrenzkampf mit langjährigen Arbeitskollegen und -kolleginnen anzugehen.

Reisbüro Coronakrise
Geschlossenes Reisebüro in Berlin. - AFP/Archiv

Auch die halbe Geschäftsleitung fiel der Restrukturierung zu Opfer. Das Team wurde von seinen Mitgliedern gewählt. Ein Mitglied musste gehen, vier erhielten Lohnkürzungen. Die Filialleiter wurden ebenfalls ganz nach Prinzip der Soziokratie gewählt.

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