Griechenland: Acht Jahre Odyssee durchs Schuldenmeer
Nach acht Jahren verlässt Griechenland am Montag offiziell den finanziellen Rettungsschirm. Eine Chronologie seit Ausbruch der Finanzkrise.
Das Wichtigste in Kürze
- Neun Jahre streitet Griechenland um Kredite, mit der EU aber auch im eigenen Land.
- Die chronologische Abfolge der Meilensteine zeigt einen zähen Prozess, der andauern wird.
2009
Die sozialdemokratische Regierung unter Giorgos Papandreou legt die Haushaltsmisere offen. Die konservative Vorgängerregierung hinterlässt Schulden in Griechenland von 350 Milliarden Euro.
2010
April: Athen bekommt an den Finanzmärkten praktisch keine Kredite mehr und muss als erstes Euroland in der Schuldenkrise um internationale Hilfe bitten.
Mai: Die Eurostaaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) gewähren im Gegenzug für rigorose Sparmassnahmen Notkredite in Höhe von 110 Milliarden Euro.
2011
Oktober: Die Hilfe reicht nicht, die Euro-Staaten arbeiten an einem zweiten Hilfsprogramm. Die Privatgläubiger Griechenlands werden zu einem Schuldenverzicht gedrängt und erlassen Athen schliesslich Verbindlichkeiten in Höhe von 107 Milliarden Euro.
November: Regierungschef Papandreou verzichtet auf Druck der Gläubiger auf eine Volksabstimmung über das neue Hilfspaket, tritt dann aber zurück.
2012
März: Die Euro-Finanzminister beschliessen das zweite Hilfsprogramm. Griechenland bekommt von den Europäern 130 Milliarden Euro zugesagt. Der IWF ist mit weiteren 19,8 Milliarden Euro dabei.
Mai: Bei der Parlamentswahl werden die Volksparteien Nea Dimokratia und Pasok abgestraft. Eine Regierungsbildung scheitert.
Juni: Bei einer nochmaligen Wahl gewinnt die konservative Nea Dimokratia. Parteichef Antonis Samaras wird Regierungschef einer Drei-Parteien-Koalition.
2014
April: Griechenland strebt zurück auf die internationalen Finanzmärkte und gibt erstmals seit vier Jahren wieder Staatsanleihen aus.
Dezember: Eine vorgezogene Präsidentschaftswahl durch das griechische Parlament scheitert. Für den 25. Januar wird deshalb eine Neuwahl des Parlaments angesetzt.
2015
Januar: Die linke Syriza-Partei von Alexis Tsipras gewinnt die Wahl mit dem Versprechen, die Sparpolitik zu beenden. Die Regierung stemmt sich gegen eine Verlängerung des Hilfsprogramms.
Februar: Mitte des Monats stellt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein Ultimatum: «Am 28. (Februar), um 24.00 Uhr, isch over», warnt er. In letzter Minute wird das Hilfsprogramm bis Ende Juni verlängert.
April: Athens Finanzlage wird kritisch, öffentliche Einrichtungen werden verpflichtet, Finanzreserven an die Zentralbank zu überweisen.
Juni: Tsipras setzt eine Volksabstimmung über die Bedingungen der Gläubiger für weitere Hilfe an - und ruft zur Ablehnung auf. Athen muss Kapitalverkehrskontrollen einführen und Börsen und Banken schliessen. Bürger können täglich nur noch 60 Euro an Geldautomaten erhalten.
Juli: Bei dem Referendum lehnen mehr als 60 Prozent der Griechen die Gläubigervorschläge ab. Schäuble bringt ein vorübergehendes Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro ins Gespräch. Athen akzeptiert schliesslich die meisten Gläubiger-Auflagen. Ein Euro-Sondergipfel gibt grünes Licht für ein drittes Rettungspaket in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro.
September: Bei einer vorgezogenen Parlamentswahl siegt erneut Syriza und Tsipras bleibt Regierungschef.
2016
Januar: Die griechische Regierung gibt ihren Widerstand gegen die Beteiligung des IWF am dritten Hilfsprogramm auf. Der hält die griechische Schuldenlast aber auf Dauer nicht für tragfähig und verlangt weitgehende Erleichterungen für Athen.
Dezember: Athen weist im Gesamtjahr 2016 erstmals wieder einen Haushaltsüberschuss aus.
2017
Juli: Die IWF-Führung erklärt sich grundsätzlich bereit, sich mit 1,6 Milliarden Euro am dritten Hilfsprogramm finanziell zu beteiligen, macht aber deutliche Schuldenerleichterungen zur Voraussetzung.
September: Nach acht Jahren beendet die EU ihr Defizitverfahren gegen Griechenland.
2018
Juni: Der IWF wird sich laut EU-Diplomaten wegen des ungelösten Streits um die Schuldentragfähigkeit nicht mehr finanziell an dem Hilfsprogramm beteiligen.
August: Der Chef des Eurorettungs-Fonds ESM, Klaus Regling, räumt rückblickend Fehler ein - für diese schlimmste Krise seit der grossen Depression von 1929 habe es schliesslich «kein Drehbuch» gegeben.
Am 20. August endet das dritte ESM-Hilfspaket.