HSG Professoren kritisieren Konzernverantwortungsinitiative

Gegner der Konzern-Initiative machen sich sorgen um die Wirtschaft. Jetzt bestätigen HSG-Wirtschaftsprofessoren: Die Initiative stellt das Recht auf den Kopf.

HSG Konzernverantwortungsinitiative
Was schätzen Rechtsexperten die Folgen der Konzernverantwortungsinitiative ein? - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Konzerninitiative lässt sich in dieser Form nicht umsetzen, sagen HSG-Professoren.
  • Die Wirtschaftsexperten monieren, dass Rechtsgrundsätze auf den Kopf gestellt würden.
  • Menschenrechstverletzungen seien Sache der Staaten, nicht der Firmen.

«Grundsätze des Schweizer Rechts werden auf den Kopf gestellt». Das sagt Professor Peter Hettich, der an der Universität St. Gallen (HSG) zum Wirtschaftsrecht forscht, Spezialgebiet Umweltrecht.

HSG-Kollege Rechtspraxis-Professor Vito Roberto bestätigt diese Ansicht. «Eine Schadenersatzklage wegen einer Menschenrechtsverletzung kennt das schweizerische Recht bislang nicht.»

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Die Professoren der Universität St. Gallen kritisieren die Konzernverantwortungsinitiative. - Keystone

Staat ist für Menschenrechte verantwortlich

Denn: Wie HSG-Professor Hettich argumentiert, ist eigentlich nur der Staat verpflichtet, die Menschenrechte einzuhalten. «Private sind durch die Menschenrechte meist nicht verpflichtet. Der Staat muss aber durch Gesetzgebung einen geeigneten Rahmen setzen, damit die Menschenrechte und die Umwelt geschützt werden.»

Die Initiative wolle diesen Grundsatz nun umkehren. «Statt an der Verbesserung der institutionellen Rahmenordnung in den Drittweltländern zu arbeiten, nimmt man nun die Unternehmen direkt in die Pflicht.»

HSG-Professor Roberto: «Initiative lässt sich so nicht umsetzen»

Hettich sieht ein weiteres Problem. «Internationale Menschenrechts- und Umweltstandards sind nicht definiert. Pointiert gesagt muss man sich das Schutzniveau für Menschenrechte und Umwelt in der Schweiz auch erstmal ‹leisten› können.» Nicht jeder Staat kann genügend Ressourcen für die Einhaltung dieser Standards aufbringen.

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HSG-Professor Peter Hettich: «Es scheint extrem schwierig zu sein, mutmassliche Menschenrechtsverletzungen in diesen Ländern objektiv aufzuklären.» - zvg

Dem pflichtet auch Roberto bei. «Die Initiative bewirkt erhebliche Rechtsunsicherheiten. Denn es ist unsicher, was alles unter Menschenrechtsverletzungen und Umweltschädigungen fällt.» Er folgert: «In der derzeitigen Fassung lässt sich die Initiative wohl gar nicht umsetzen.»

Professor Hettich zweifelt an der Überprüfbarkeit der Vergehen

Obwohl Schweizer Konzerne wiederholt durch Verletzungen von Menschenrechten und Umweltstandards in die Schlagzeilen geraten – Hettich ist skeptisch. «Die Verletzungen werden von den Konzernen meist genauso heftig bestritten, wie sie von den NGOs angeprangert werden.» Deshalb wäre es schwierig, solche Vorfälle vor Schweizer Gerichten einzuklagen.

Weiter ist für Professor Roberto unklar, «wie der Schaden für eine solche Menschenrechtsverletzung oder Umweltbeeinträchtigung zu berechnen ist». Er bezweifelt zudem, dass ein Betroffener aus einem Drittland eine teure Klage in der Schweiz einreichen würde. Ausser andere kämen für die Verfahrenskosten auf.

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HSG-Professor Vito Roberto: «Immerhin hätte schon die Möglichkeit einer Klage eine gewisse Wirkung, da international tätige Konzerne nach Möglichkeit nicht in ein reputationsschädigendes Verfahren involviert sein wollen.» - Keystone

Haftung geht dem Rechtspraktikexperten sehr weit

Roberto stört, dass die Initiative den Grundsatz aufheben will, wonach sich eine Firma an die örtlichen Gesetze halten muss. «Das Besondere liegt bei dieser Initiative darin, dass man auch für die Handlungen anderer Unternehmen mit Sitz im Ausland haften kann.»

Diese Haftung beschränke sich nicht bloss auf jene Fälle, in denen ein schweizerisches ein ausländisches Unternehmen kontrolliere. «Sondern es gilt auch dann, wenn das schweizerische Unternehmen in einer Geschäftsbeziehung mit diesem ausländischen Unternehmen steht. Das geht dann doch sehr weit.»

Die Umsetzung würde also zu einem teuren Aufwand führen. «Die Forderung, dass man sich als Unternehmen nicht nur innerhalb der Landesgrenzen verantwortungsvoll verhalten soll, ist verständlich.» So könne dieses Ziel jedoch nicht erreicht werden, findet Professor Roberto.

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