Darf die Schweiz Firmen mit Schweizer Sitz zur Verantwortung im Ausland zwingen? Die Ständeräte Christian Levrat und Noser scheuen die Volksabstimmung nicht.
Ruedi Noser Christian Levrat
Christian Levrat (SP, l.) und Ruedi Noser (FDP, r.) sind nicht gleicher Meinung. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Konzernverantwortungs-Initiative fällt im Ständerat durch.
  • Auch der Gegenvorschlag wird knapp abgelehnt.
  • Für Ruedi Noser setzt die Initiative am falschen Ende an. Christian Levrat ist enttäuscht.
Ad

Der Ständerat sagt zweimal Nein. Nein zur Konzernverantwortungsinitiative. Und nein zum Gegenvorschlag. Die Initiative will Konzerne mit Sitz in der Schweiz verpflichten, die Menschenrechte und die Umwelt bei ihren Geschäften zu achten.

Die Ständerats-Kommission hatte im Gegenvorschlag eine spezielle Klausel eingebaut. Diese «Subsidiaritätsklausel» nahm der Forderung den Biss. Die Initianten lehnen den Gegenvorschlag deshalb ab. Den Gegenvorschlag des Nationalrats hätten sie akzeptiert.

Ruedi Noser sieht die Staaten in der Verantwortung

Die Initiative zielt auf die Falschen, findet FDP-Ständerat Ruedi Noser. «Schweizer Firmen verletzen keine Menschenrechte. In keinem der Beispiele, das ich gesehen habe, hat eine Schweizer Firma die Menschenrechte verletzt. Wenn beispielsweise die Polizei in Peru auf Arbeiter losgeht, können Sie nicht die Firma für diese staatliche Gewalt verantwortlich machen.»

noser coronavirus
Ruedi Noser plädierte für eine bessere Impf- und Teststrategie im Umgang mit dem Coronavirus. (Archivbild) - Nau.ch

Noser lehnt die Initiative entschieden ab. Sie verlange «die extremste Unternehmenshaftung der Welt». Auch der Gegenvorschlag habe diese Extremforderungen aufgenommen. «Initiative und Gegenvorschlag würden das Schweizer Recht fundamental auf den Kopf stellen», findet Noser.

Der Unternehmer ärgert sich. «Die Initiative unterstellt, dass die Schweizer Unternehmen keine guten Absichten hätten. Aber wir können stolz sein auf unsere Firmen, die haben mehr geleistet als jede NGO. Die Schweizer Firmen haben den besten Ruf weltweit.»

Christian Levrat ist empört über den Zynismus

Ganz anders sieht das SP-Ständerat Christian Levrat. Er ist empört. «Die Rechte ignoriert ganz einfach die Tatsache, dass Schweizer Unternehmen reich werden, indem sie massive Verletzungen der Menschenrechte und der Umwelt in Kauf nehmen. Das ist eine zynische Politik.»

Christian Levrat
SP-Präsident Christian Levrat möchte, dass Schweizer Unternehmen Verantwortung übernehmen, auch im Ausland. - Nau

Für ihn ist klar: Seine Ständeratskollegen sind unter dem Druck der Konzern-Lobby eingeknickt. Unklar bleibt, warum die Konzerne die Initiative bekämpfen. Denn die Initiative sei unnötig, da Schweizer Konzerne schon heute Menschenrechte und Umweltstandards einhalten würden.

Christian Levrat hatte vor der Debatte im Ständerat noch gehofft, dass die Subsidiaritätsklausel wieder gekippt würde.

Das letzte Wort hat 2020 das Volk

Kein Problem für Ruedi Noser. «Die Wirtschaft und die Initianten werden nie beide zufrieden sein. Deshalb ist es besser, wenn man gleich über die Initiative abstimmen lässt.»

Christian Levrat hingegen ist optimistisch, dass das Volk durch die zahlreichen Skandale für die Initiative stimmen würde. «Lobbyisten von Glencore, Vitol, Nestlé und Syngenta glauben, dass sie die Abstimmung in Millionenhöhe gewinnen und den Teufel an die Wand malen können.»

Doch die Initiative werde von 120 NGOs, Hilfsorganisationen, Kirchen und Teilen der Wirtschaft unterstützt. «Ich hoffe aufrichtig, dass die Bevölkerung uns unterstützt.»

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

SyngentaNestléGlencoreChristian LevratUmweltStänderatMenschenrechte