Jeder zweite Schweizer will im Rentenalter weiterarbeiten
Auf die Rentenfrage findet die Politik keine Antwort. Eine neue Studie zeigt: Viele Schweizer wollen auch nach Erreichen des Pensionsalters weiterarbeiten.
Das Wichtigste in Kürze
- 49 Prozent der Schweizer würden über das Pensionsalter hinaus arbeiten.
- Entscheidend dafür sind primär die Gesundheit und ein gutes Arbeitsklima.
- Bereits heute arbeiten manche Berufsgruppen über das Pensionsalter hinaus.
Es ist eine schöne Entwicklung: Die Schweizer Bevölkerung lebt immer länger. Einen Viertel unseres Lebens verbringen wir mittlerweile im Ruhestand.
Doch unser Rentensystem wurde entwickelt, als die Lebenserwartung noch geringer war. Der finanzielle Kollaps droht. Über die Lösung ist sich die Politik uneinig. Bürgerliche wollen das Rentenalter erhöhen, Linke stellen sich quer.
Dabei ist die Bevölkerung bereit, länger zu arbeiten – zumindest ein Teil. Dies zeigt eine neue Studie des Versicherers Swisslife. Konkret können sich 49 Prozent der befragten 55- bis 70-Jährigen vorstellen, über das Pensionsalter hinaus zu arbeiten. Nur knapp ein Drittel gibt an, dass eine längere Erwerbstätigkeit «auf gar keinen Fall» infrage komme.
Allerdings müssen die Bedingungen stimmen. Allem voran die Gesundheit. 61 Prozent der Befragten setzen zudem ein gutes Arbeitsklima im Betrieb voraus. Finanzielle Anreize – mehr Lohn oder tiefere Steuern – spielen nur für 43 Prozent eine Rolle.
Viele bleiben aus Freude am Job
Die Pensionierung hat aktuell zwei Seiten. Einerseits hört die Hälfte der Berufstätigen ein Jahr vor dem gesetzlichen Rentenalter mit Arbeiten auf. Andererseits sind bereits heute jeder dritte Mann und jede vierte Frau nach dem Erreichen des Pensionsalters noch erwerbstätig.
«Oft findet der Altersrücktritt in mehrfacher Hinsicht gestaffelt statt», sagt Studienautor Andreas Christen. «So beziehen nahezu alle Erwerbstätigen ab dem ordentlichen Rentenalter eine Altersleistung.» Er schätzt, dass rund ein Drittel der Personen ihr Pensum reduzieren, bevor sie ihre Arbeit ganz aufgeben.
Doch warum bleiben so viele Schweizer im Job? Zwei Drittel der Erwerbstätigen im Rentenalter geben an, aus Freude an der Arbeit weiterzuarbeiten. Ein Viertel der Befragten nennt finanzielle Gründe für den Entscheid.
Kein Büezer-Akademiker-Graben
Wie die Studie zeigt, gibt es deutliche Unterschiede nach Berufsgruppe. Niemand arbeitet öfters über das Pensionsalter hinaus als Landwirte. Gleich 70 Prozent der Befragten gaben an, auch nach Erreichen des AHV-Alters im Job zu bleiben. Ähnlich hoch ist der Wert bei Architekten, Künstlern und Journalisten.
Auf der anderen Seite sind die Pflegenden. Dort wollen nur 16 Prozent über die Pension hinaus arbeiten. Auch bei Lehrern, Bürokräften und Mechanikern ist der Zuspruch gering. Christen will aber nicht von einem ‹Büezer-Akademiker-Graben› sprechen.
Die Auswertung zeige, dass auch in handwerklichen Berufen viele aus Freude an der Arbeit länger erwerbstätig bleiben. «Ihre Zahl hat in den letzten zwei Jahrzehnten stark zugenommen – wenn auch auf tieferem Niveau.»