Kann mich mein Chef nun zum Impfen zwingen?
Der Bundesrat schlägt die Möglichkeit einer Zertifikatspflicht am Arbeitsplatz vor. Das erzeugt Druck, manche befürchten eine Impfpflicht. Doch geht das?
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat will die Zertifikatspflicht ausdehnen – auch am Arbeitsplatz.
- Die Verbände von Arbeitgebern und Arbeitnehmern begrüssen den Schritt.
- Ein allgemeines Impfobligatorium dürfe aber nicht die Folge davon sein.
Die Entscheidung «Impfen – ja oder nein?» ist eine sehr individuelle. Das sehen auch hiesige Arbeitgeber so und belobigen den Impfstatus als höchste Privatsache.
Ein Vertrauen, das auch der Bundesrat schätzt. Dennoch will er allen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern künftig mehr Spielraum geben. Konkret schlägt er vor, dass der Einsatz des Zertifikats im Arbeitsbereich in der Verordnung geklärt werden soll.
«Es soll explizit festgehalten werden, dass die Arbeitgeber das Vorhandensein eines Zertifikats prüfen dürfen.» Voraussetzung dafür sei, dass dies dazu diene, angemessene Schutzmassnahmen oder das Testkonzept umzusetzen.
Bund kommt für Firmen-Tests weiterhin auf
Ein Vorhaben, das der Schweizerische Arbeitgeberverband begrüsst. Das Covid-Zertifikat im Arbeitsbereich würde es den Arbeitgebenden erlauben, «grossflächig differenzierte Schutzkonzepte für Geimpfte und Ungeimpfte einzuführen». So könnte ein Lockdown abgewendet werden, den die Arbeitgebenden unbedingt verhindern wollten.
Wichtig sei allerdings, betont der Schweizerische Arbeitgeberverband, dass der Bund weiterhin die Kosten für das repetitive Testen in Betrieben und die Impfkosten für Grenzgänger übernimmt. Was Stand heute auch im Sinne des Bundesrats wäre.
Unia warnt vor allgemeinen Impfpflicht am Arbeitsplatz
Ebenfalls hinter den Bemühungen des Bundesrats steht die Gewerkschaft Unia. Insbesondere was die Erhöhung der Impfquote betrifft. «Wenn wir die Pandemie und ihre verheerenden Folgen irgendwann hinter uns lassen wollen, ist es entscheidend, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen.»
Was aber ja nicht eine allgemeine Impfpflicht zur Folge haben soll, betont Unia-Sprecher Serge Gnos. «Die Arbeitgeber dürfen nicht qua Weisungsrecht eine Impfung obligatorisch erklären.»
Findet auch der Schweizerische Arbeitgeberverband. «Eine Impfpflicht ist ein widerrechtlicher Eingriff in die persönliche Freiheit der Arbeitnehmer.» Es müsse also zwingend ein «persönlicher Entscheid» bleiben.
Schweizer Arbeitgeber prüfen Zertifikatspflicht noch
Fakt ist: Die Realität sieht bereits jetzt anders aus. Denn: Ab dem 15. November gilt bei der Fluggesellschaft Swiss eine allgemeine Impfpflicht – und zwar für das gesamte Bordpersonal.
Ob auch andere Firmen nachziehen werden, wird sich zeigen. Stand heute ist der Tenor bei SBB, Post & Co. eher distanziert. Wie eine Umfrage von Nau.ch bei den grössten Schweizer Unternehmen ergeben hat.
Ebenso was eine allgemeine Zertifikatspflicht am Arbeitsplatz betrifft. «Wir werden prüfen, ob überhaupt, wo und inwiefern der Einsatz des Zertifikates allenfalls Sinn machen könnte», erklärt Swisscom auf Anfrage. Ähnliche Antworten liefern SBB, Migros und die Post.
Deutlich konkreter hingegen äussert sich Coop. Der Detailriese sieht derzeit keine generelle Zertifikatspflicht vor.