Label-Leitfaden des Schweizer Tierschutzes in der Kritik
Konsumenten können sich in einem neuen Angebot des Schweizer Tierschutzes Überblick über die Schweizer Fleisch-Labels verschaffen. Das System erntet Kritik.
Das Wichtigste in Kürze
- Schweizer Fleisch wird teils auf dieselbe Tierschutz-Stufe gestellt wie Importfleisch.
- Schweizer Fleischproduzenten sind empört: Diese Label-Bewertung sei kontraproduktiv.
«Top», «OK», «uncool» und «NO GO»: Vier verschiedene Bewertungskategorien für in der Schweiz erhältliches Fleisch. Auf essenmitherz.ch können sich Konsumenten informieren über die Bewertung von «Bio Suisse», «Naturafarm», «Optigal» und Co.
Letzte Woche präsentierte der Schweizer Tierschutz STS das Label-System. Konsumenten würden sich Verbesserungen des Tierwohls für Nutztiere wünschen, so der STS. Dafür seien jedoch gute Informationen über die Haltung unverzichtbar. Nur so können Fleischkonsumenten eine eigene Wahl treffen und damit eine Mitverantwortung für das Schicksal der Nutztiere übernehmen.
Fleischverband schiesst gegen die Label-Bewertung
«Eines ist sicher: Zur Aufklärung und für Klarheit im Label-Dschungel sorgt dieses System nicht.» Das sagt Regula Kennel vom Fleischverband Proviande. «Im Gegenteil, es ist so plakativ und einfach, dass es unverständlich wird.»
Der Konsument müsse lange lesen, bis er verstehe, warum die Bewertung eines Labels entsprechend ausfalle. «Das finden wir uncool. Vom Schweizer Tierschutz erwarten wir mehr und waren wir bisher anderes gewohnt.»
Kennel stösst sich auch daran, dass der STS Schweizer Fleisch ohne Label generell in die Kategorie «No Go» klassiert. In dieser schlechtesten Kategorie landet auch importiertes Fleisch aus dem Ausland, etwa der EU. «Diese Bewertung ist für uns nicht nachvollziehbar», ist Kennel verärgert.
Wo bleibt «der feine Unterschied»?
Proviande wirbt mit dem Slogan «Der feine Unterschied» für Schweizer Fleisch. Denn: «Die Schweizer Gesetzgebung stellt hohe Anforderungen an den Tierschutz und diese werden auch kontrolliert», erklärt Kennel den Unterschied zu ausländischem Fleisch. «Das als ‹No Go› zu bezeichnen, ist für uns unhaltbar und unseriös.»
Der STS sei ein wichtiger Partner der Behörden bei der Ausarbeitung der Gesetze. STS und Fleischbranche würden eng zusammenarbeiten, wenn es um Verbesserungen des Tierschutzes gehe.
Glaubwürdigkeit strapaziert
Für Regula Kennel ist klar: «Wenn das Ziel der Bewertung war, weitere Verbesserungen anzuregen, ist der STS weit über das Ziel hinausgeschossen und brüskiert nicht nur Tierhalter, sondern auch Retailer, den Gesetzgeber und den Vollzug.»
Das Labelsystem gebe den Kunden keine bessere Orientierung über die Fleischlabels, ärgert sich Kennel. «Und es strapaziert das Verhältnis zum Schweizer Tierschutz und seine Glaubwürdigkeit.»