Lohnungleichheit: Unia glaubt, dass Kritik politisch motiviert ist
Ob Lohnunterschiede diskriminierend sind, versucht der Bund mit Lohnanalysen herauszufinden. Die Kritik an der Methode habe einen einfachen Grund, so die Unia.
Das Wichtigste in Kürze
- Lohndiskriminierung existiere in der Schweiz sehr wohl, sagt die Unia.
- Damit widerspricht sie Kritiken vonseiten Arbeitgeber an der Lohnerhebung des Bundes.
- Die Arbeitgeber würden offenbar die Kosten für höhere Frauenlöhne scheuen.
- Wer es ernst meine, solle das Analysetool anwenden, um Lohndiskriminierung zu erkennen.
«Die zweijährliche Auswertung der Lohnstrukturerhebung zeigt regelmässig, dass eine Lohndiskriminierung besteht.» Corinne Schärer, Zentralsekretärin der Unia, widerspricht damit den kritischen Stimmen. Diese finden, Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts existiere in der Schweiz nicht. Und die Statistik des Bundes erhebe verschiedene Faktoren nicht, die den Lohnunterschied erklären könnten.
Analysetool des Bundes würde alle Merkmale für Lohnungleichheit erfassen
Schärer verweist auf Logib. Das Analysetool – ein Excel-Programm – dient Firmen mit über 50 Mitarbeitenden zur Überprüfung der Löhne. So kann kontrolliert werden, «dass die Lohngleichheit gemäss Gleichstellungsgesetz umgesetzt ist.» Diskriminierend ist der Lohnunterschied dann, wenn er nicht erklärt werden kann. Auch die Unia kontrolliert ihre Löhne mit Logib, erklärt Schärer. Resultat: Null Prozent Lohndiskriminierung. Am Tool liegt es also nicht.
Mit Logib werde die Berufserfahrung sehr wohl erfasst, reagiert Schärer auf Kritik vom Arbeitgeberverband. Sie erklärt: «Das Erfassen der gesamten Berufserfahrung ist in sich diskriminierend, da die Frauen aufgrund ihrer Verantwortung für die Betreuung weniger Berufserfahrung aufweisen. Dieses Merkmal gehört daher zum erklärbaren Anteil des Lohnunterschiedes.» Dasselbe gelte für das Merkmal verschiedene Arbeitszeitmodelle, was etwa FDP-Ständerat Ruedi Noser kritisiert hatte.
Noser und der Arbeitgeberverband wünschten sich zudem, dass auch psychische und physische Belastung im Job mit erhoben werden. Auch dies sei bereits mit Logib der Fall, sagt Schärer. In der sogenannten Arbeitsplatz-Bewertung werden einzelne Funktionen zu Lohnklassen zugeordnet. «Eine wissenschaftliche Methode, mittels derer die Anforderungen eines Arbeitsplatzes an die Mitarbeitenden ermittelt und objektiviert werden können.»
Arbeitgeber haben Angst vor Kosten für höhere Frauenlöhne
Für Schärer ist deshalb klar: Die Arbeitgeber stellen das Tool Logib in Frage, weil sie nach der Revision des Gleichstellungsgesetzes erstens belegen müssen, dass sie die Lohngleichheit überprüft haben. Und zweitens, scheuen sie «ganz offenbar die Kosten höherer Frauenlöhne».
«Eine Lohnüberprüfung mit Logib ergibt ein erstes Bild über die Situation im Betrieb», sagt Schärer. «In einem zweiten Schritt erlaubt es eine vertiefte Analyse, um ein ebenfalls oft gefordertes differenzierteres Bild zu erhalten.» Die Kritik an Logib sei daher aus wissenschaftlicher Sicht unberechtigt und politisch motiviert.
Wenig Respekt gegenüber Frauen
Bei Branchenanalysen liegt der unerklärbare Lohnunterschied jeweils deutlich tiefer als bei der Analyse des Bundes. Diese würden zusätzliche Faktoren erheben, so die Begründung. Schärer dazu: «Wir sind jederzeit bereit eine Lohnüberprüfung mittels anderem Instrument anzuschauen und darüber zu diskutieren. Aber dazu müssen die Arbeitgeber ihre Analysen offenlegen.»
Bisher hätten sie sich jedoch geweigert. «Daher liegt die Vermutung nahe, dass sie etwas zu verbergen haben und die ganze Diskussion über die Merkmale, welche auch noch einbezogen werden müssten, dazu dienen, dies zu vernebeln. Das ist wenig hilfreich und zeugt von wenig Respekt gegenüber den Frauen, die zurecht verlangen, dass die geltenden Bestimmungen des Gleichstellungsgesetzes eingehalten werden.»