Netflix enttäuscht an Börse: Ist das der Anfang vom Ende?

Michael Bolzli
Michael Bolzli

USA,

Netflix enttäuscht mit Nutzerschwund in den USA. Und der Blick in die Zukunft ist alles andere als rosig. Eine Analyse.

Netflix bekommt zunehmend Konkurrenz
Netflix bekommt zunehmend Konkurrenz - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Zum ersten Mal in zehn Jahren hat Netflix in den USA Nutzer verloren.
  • Dies dürfte auf eine Preiserhöhung zurückzuführen sein.
  • Weltweit hat der Konzern 161 Millionen bezahlende Nutzer.

Netflix erlebte schon bessere Tage. Letzte Woche musste der Streaming-Anbieter einen Nutzer-Rückgang in den USA bekannt geben – zum ersten Mal seit fast zehn Jahren. Die Börsianer reagierten umgehend und schickten das Wertpapier auf Talfahrt.

Davon hat sich die Aktie nicht erholt. Kostete sie Mitte Monat noch über 380 Dollar, liegt der Wert aktuell bei 310 Dollar. Allein gestern verlor das Papier 1,5 Prozent.

Ein ungewohntes Bild: Netflix verwöhnte bisher seine Aktionäre. Innert zehn Jahren legte die Aktie um 8500 Prozent zu.

Netflix
Das Wertpapier von Netflix hat stark verloren. - Google

Was ist passiert? Dass der Streaming-Anbieter jetzt im Heimmarkt Abonnenten verliert, dürfte auf zwei Faktoren zurückzuführen sein: Einerseits hat der Streaming-Pionier Anfang Jahr den Preis in den USA erhöht. Andererseits drängen sich – gerade in den Vereinigten Staaten – immer mehr Player auf den Markt.

Und nicht nur kleine Start-ups, sondern auch dicke Fische. Etwa Disney (54 Milliarden Dollar), NBCUniversal (33 Milliarden Dollar Umsatz) oder WarnerMedia (33 Milliarden Dollar Umsatz). Zum Vergleich: Netflix setzte letztes Jahr 16 Milliarden Dollar um.

Netflix verliert Kult-Shows

Die Konkurrenz setzt den Platzhirsch nicht nur preislich unter Druck. Auch verschwinden deswegen Sendungen und Filme von der Streaming-Plattform.

«Friends» gibt es ab nächstem Jahr nur noch auf HBO Max, einer Tochter von WarnerMedia. Und «The Office» gibt es künftig nur noch auf dem – noch nicht lancierten – Streaming-Dienst von NBC zu sehen. Das sind nur die jüngsten Beispiele, gleiches geschieht mit Disney-Shows und -Filme. Um dem entgegenzuhalten, investiert der Streaming-Gigant massiv in eigene Inhalte.

Warner und NBC haben ein riesiges Archiv an Eigenproduktionen. Bisher war Netflix dankbarer Abnehmer. Doch weil das Geschäft so gut läuft, wollen die grossen Studios damit mehr Geld machen. Die eingekauften Klassiker «The Office» und «Friends» gehören zu den zehn beliebtesten Shows auf Netflix.

Netflix will jetzt vor allem im Ausland wachsen. Hier ist die Konkurrenz oft kleiner. Als grosse Wachstumsmärkte sieht der Konzern Indien und China. Auch in Europa soll das Potenzial noch nicht ausgeschöpft sein.

Mehr illegale Downloads

Allerdings harzt auch hier das Geschäft. Netflix hat zwar ausserhalb der USA 2,8 Millionen Neuabonnenten gewonnen. Doch erwartet wurden fünf Millionen Neukunden.

Gemeinsam mit der Konkurrenz kämpft Netflix noch an einer anderen Front: den illegalen Downloads. Diese nehmen wieder zu, weil immer mehr Dienste Sendungen exklusiv anbieten.

Trotz aller schlechter Nachrichten dürfte der Streaming-Pionier nicht bald von den Bildschirmen verschwinden. Mit 161 Millionen Nutzern ist das Unternehmen der Konkurrenz weit voraus. Zumindest noch.

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