Neue Schweizer Technologie soll uns wettbewerbsfähiger machen
Von Moskitonetzen bis zu sanfteren Raketenstarts: Die Bundesagentur Innosuisse unterstützt die Entwicklung neuer Schweizer Technologien.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Forschungsagentur des Bundes, Innosuisse, fördert zahlreiche Forschungsprojekte.
- Forscher und Industrie arbeiten zusammen.
- Allein an der Empa laufen rund 80 verschiedene Projekte.
Innosuisse, die Agentur für Innovationsförderung des Bundes, unterstützt die Entwicklung von Schweizer Technologien, um unsere Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen. In Innosuisse-Projekten arbeiten Unternehmen mit Hochschulen oder Forschungsinstituten zusammen, um innovative Ideen auf den Markt zu bringen. An der Empa laufen zurzeit rund 80 verschiedene derartige Projekte. Hier sind vier davon:
«ComfyPAS»: Satelliten sanft gebettet
Auf ihrer Reise von der Erdoberfläche in die Umlaufbahn sind Satelliten enormen Kräften ausgesetzt – eine Herausforderung für die Hightech-Geräte, die oft hochempfindliche wissenschaftliche Instrumente enthalten. Dabei ist es nicht etwa die starke Beschleunigung beim Raketenstart, die die grössten Probleme verursacht, sondern Vibrationen. Sie entstehen vor allem bei den Stufentrennungen, wenn verbrauchte Treibstofftanks oder die Nutzlastverkleidung durch gezielte Zündung von kleinen Sprengsätzen abgeworfen werden. Die Struktur, an der der Satellit befestigt ist, der sogenannte Nutzlastadapter, überträgt die Schwingungen auf den Satelliten selbst. Gemeinsam mit dem Schweizer Raumfahrt-Unternehmen Beyond Gravity arbeiten die Empa-Forscher Marco Ravasi und Andrea Bergamini an einem neuartigen Nutzlastadapter, der die gefährlichen Vibrationen mindern soll. Dafür setzen sie sogenannte phononische Kristalle ein. «Je nach ihrer Struktur können Kristalle Licht ganz unterschiedlich reflektieren, streuen oder beugen», vergleicht Andrea Bergamini, Forschungsgruppenleiter im Empa-Labor «Akustik/Lärmminderung». Phononische Kristalle machen sich ebendiese Eigenschaft von Kristallstrukturen zunutze – allerdings für Schallwellen. Mit der passenden Struktur lassen sich schädliche Vibrationen reflektieren oder so abschwächen, dass sie für die empfindliche Satellitenfracht keine Gefahr mehr darstellen.
«Greenpeel 2.0»: Aus Holz mach Leder
Vegane Lederalternativen bestehen oft aus Polyurethan, einem Kunststoff, der normalerweise aus Erdöl hergestellt wird – nicht gerade die umweltfreundlichste Lösung. Zwar gibt es auch nachwachsende Alternativen, sie vermögen aber noch nicht in jeder Hinsicht zu überzeugen. Gemeinsam mit dem Schweizer Start-up Binova arbeiten Empa-Forschende an einem nachhaltigen veganen Leder, das mit dem Original besser mithalten kann. Es soll robust und widerstandsfähig sein, eine edle Optik und Haptik aufweisen und möglichst komplett auf nachwachsenden Materialien basieren. Dafür nutzen sie zwei natürliche Polymere: Cellulose und Lignin. Cellulose, der Grundbaustein von pflanzlichen Zellwänden, ist das am häufigsten vorkommende Biomolekül auf der Erde. Und auch Lignin, einer der Hauptbestandteile von Holz, ist in grossen Mengen erhältlich. Aus diesen nachwachsenden Rohstoffen wollen Empa-Forschende nun in Zusammenarbeit mit den Industriepartnern eine Lederalternative entwickeln, die im Vergleich zum tierischen Leder bis zu 80 Prozent weniger CO₂-Emissionen verursacht und bis zu 90 Prozent weniger Wasser verbraucht.
«Three Free»: Kein Blei – kein Problem
In wenigen Gebieten ist derart hohe Präzision gefragt wie in der Halbleiterindustrie. Die winzigen Computerchips und andere Komponenten werden unter extremen Bedingungen hergestellt. Je nach Prozessschritt sind Temperaturextreme, Vakuum oder starke Säuren im Spiel. Damit die Bedingungen jederzeit stimmen, werden sie mit diversen Sensoren überwacht – die ihrerseits den widrigen Verhältnissen trotzen müssen. Eine Herausforderung für die Zulieferer der Halbleiterindustrie, wie etwa das Schweizer Unternehmen Inficon, das unter anderem hochempfindliche Vakuumsensoren herstellt. Der Hersteller nutzt ein derzeit noch bleihaltiges Glas, um die Komponenten des Sensors zu verbinden. In Zusammenarbeit mit der Firma gelang es Empa-Forschenden nun, ein bleifreies Glas zu entwickeln, das den hohen Ansprüchen gerecht wird.
«MalCoFil»: Moskitonetz mit Anti-Malaria-Effekt
Die Stechmücke ist das tödlichste Lebewesen auf unserer Erde. Jährlich sterben über 600'000 Menschen weltweit allein an Malaria, die durch Moskitos übertragen wird. Den besten Schutz vor einer Infektion bieten imprägnierte Moskitonetze. Allerdings ist die gefährliche Anopheles-Mücke mittlerweile resistent gegen gängige Insektizide. Empa-Forschende arbeiten deshalb gemeinsam mit den Schweizer Unternehmen Vestergaard und Monosuisse an neuartigen Moskitonetzen, die Mücken wirksam abtöten. Dabei sollen die Netze ihre insektizide Wirksamkeit künftig jahrelang behalten und die Mücken so besonders effizient dezimieren. Gelingen kann dies durch neuartige Kern-Mantel-Fasern, die aufgrund ihrer Beschaffenheit und Herstellung neue wirksame Insektizide in ihrem Innern beherbergen. Die Zwei-Komponenten-Fasern werden die Produktion einer neuen Generation von Moskitonetzen mit einem wirksamen Malariaschutz ermöglichen. Im kommenden Jahr sind erste Feldstudien mit den neuen Netzmaterialien in Afrika geplant.