Nicht alle Mieter profitieren vom tieferen Referenzzinssatz
Der Referenzzinssatz für Wohnungsmieten sinkt. Doch nicht für alle dürfte sich das positiv im Portemonnaie auswirken.
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Der hypothekarische Referenzzinssatz geht von 1,75 auf 1,50 Prozent zurück, wie das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) am Montag mitteilte. 2023 war er in zwei Schritten von 1,25 auf 1,75 Prozent geklettert und hatte seither auf diesem Niveau verharrt. Einige Vermieter hatten die Erhöhungen zum Anlass genommen, die Mieten deutlich zu erhöhen – teilweise um mehr als 10 Prozent.
Zur Ermittlung des Referenzzinssatzes stützt sich das BWO auf den vierteljährlich erhobenen Durchschnittszinssatz der inländischen Hypothekarforderungen der Schweizer Banken. Gemäss BWO ist dieser zum Vorquartal auf 1,53 von 1,63 Prozent gesunken.
Der Referenzzinssatz wird jeweils auf das nächste Viertelprozent auf- oder abgerundet. Für eine weitere Senkung müsste er nun auf unter 1,38 Prozent sinken. Eine Erhöhung gäbe es bei über 1,62 Prozent.
Mit der Senkung war im Vorfeld gerechnet worden. Denn die Nationalbank hat die Leitzinsen zuletzt viermal in Folge gesenkt, zuletzt im Dezember. Das hat Hypotheken wieder günstiger gemacht.
Experten erwarten keine Senkung der Mieten auf breiter Front
Aus der Senkung des Referenzzinssatzes ergibt sich laut dem BWO nun für Mieterinnen und Mieter im Grundsatz ein Senkungsanspruch im Umfang von 2,91 Prozent, falls der bisherige Mietzins auf einem Referenzzinssatz von 1,75 Prozent beruht. Neben der Änderung des Referenzzinssatzes können aber weitere Kostenfaktoren eine Rolle in der Mietzinsgestaltung spielen.
So kann laut dem BWO eine Veränderung der Unterhalts- und Betriebskosten zur Anpassung des Mietzinses führen. Vor allem aber dürften 40 Prozent der aufgelaufenen Teuerung geltend gemacht werden.
Und genau das ist der Grund, warum Experten keine Senkung der Mieten auf breiter Front erwarten. «Für den einzelnen Haushalt fällt die allfällige Entlastung bestenfalls marginal aus», meint etwa Migros-Bank-Ökonom Santosh Brivio.
Denn die Ausgangslage sei anders als üblich. «Da auch die Schweiz in den letzten Jahren mit einer für ihre Verhältnisse hohen Inflation konfrontiert war, kann sich somit ein Mietzinssenkungsbegehren sogar als Bumerang erweisen», so der Ökonom.
Gemeint ist: Die aufgelaufene Teuerung könne unter Umständen höher ausfallen als der Senkungsanspruch von 2,91 Prozent – und die Mieterschaft könnte dann sogar mit einer höheren Miete konfrontiert sein.
Mieterverband rät zur Vorsicht
Der Hauseigentümerverband Schweiz empfiehlt seinen Mitgliedern, ihre Mietzinse «aufgrund der neuen Kostenstände» zu überprüfen, wie er am Montag mittteilte. Konkret könnten Vermieter neben der Teuerung auch seit der letzten Mietzinsänderung vorgenommene Investitionen für wertvermehrende oder energetische Verbesserungen verrechnen.
Der Mieterinnen- und Mieterverband rät daher zur Vorsicht. Ein Senkungsbegehren sollte genau geprüft werden, bevor der eingeschriebene Brief verschickt wird. Dafür gebe es Onlinetools. Falls es sich lohne, sollte das Begehrten in den Augen des Verbands aber eingereicht werden. In der Praxis zeige sich nämlich, dass viele Vermieter Erhöhungen rasch weitergeben würden, während die Senkungen viel zu oft ausblieben.
Die Experten der Grossbank UBS schätzten im Vorfeld, dass der effektive Senkungsanspruch für die meisten Haushalte bei rund 2 Prozent der Nettomiete liegt. Dies hat laut Migros-Bank-Ökonom Brivio dann durchaus auch volkswirtschaftliche Effekte: «Wird dieses Geld nicht auf die hohe Kante gelegt, nimmt der Konsum entsprechend zu», schreibt er. Und dies würde der Schweizer Wirtschaft helfen.
Der hypothekarische Referenzzinssatz wird das nächste Mal am 2. Juni 2025 veröffentlicht. Ob es noch für eine zweite Herabsetzung in diesem Jahr reicht, darüber sind sich Experten uneinig.
Jene von Raiffeisen erwarten eine weitere Senkung allenfalls noch in der zweiten Jahreshälfte. Eine Erhöhung sei hingegen vor 2027 «recht unwahrscheinlich». Die UBS hingegen hält dagegen das Szenario für eine zweite Senkung im laufenden Jahr für unwahrscheinlich, wie sie in einer Studie kürzlich feststellte.