Nicht nur Elektroauto: Avenir Suisse für Technologieoffenheit
Die Politik setzt auf E-Mobilität, um die Klimaziele zu erreichen. Die Denkfabrik Avenir Suisse warnt: Es brauche mehr Technologieoffenheit.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Elektroauto und Plug-in-Hybride werden von der Politik gefördert.
- Gemäss einer Analyse von Avenir Suisse und der Empa braucht es mehr Technologieoffenheit.
Für viele Politiker scheint der Fall klar: Wollen wir im Verkehr die Klimaneutralität erreichen, ist das Elektroauto der Königsweg. Entsprechend grosszügig werden die Stromer gefördert.
Dem Thema hat sich Avenir Suisse angenommen. Gemeinsam mit Experten der Empa haben Ökonomen der wirtschaftsnahen Denkfabrik eine umfassende Analyse erstellt.
Die Autoren kommen zum Schluss, dass Elektromobilität uns näher an die Klimaneutralität bringt. Doch das reiche nicht. «Klimaneutralität bis 2050 erreichen wir nur, wenn wir auch Verbrennungsmotoren einbeziehen», heisst es bei der Avenir Suisse.
Um diese Schlussfolgerung nachvollziehen zu können, braucht es erst einen Überblick über die Energiepläne des Bundes: Die Schweiz will klimaneutral werden und aus den fossilen Energien aussteigen. Zudem sollen die Kernkraftwerke vom Netz genommen werden.
«Brauchen neue Lösungen»
Peter Richner, stellvertretender Direktor der Empa sagt: «Wir brauchen neue Lösungen für 72 Prozent unserer Endenergie bis 2050.» Das sei anspruchsvoll, aber nicht unmöglich. Er erinnert daran, dass die Schweiz nach dem Zweiten Weltkrieg vor einer ähnlichen Herausforderung stand – und meisterte.
Wie soll das gehen? «Wir müssen auf erneuerbare Energie umsteigen», sagt Richner. Konkret sieht er in Wasserkraft und Biomasse nur noch wenig Potenzial, im Gegensatz zu Fotovoltaik.
Die Empa rechnet, dass Solaranlagen auf der Hälfte der geeigneten Dächer bereits die Stromproduktion der AKW ersetzten könnten. «Wichtig ist, dass der Ausbau sofort an die Hand genommen wird, solange die Kernkraftwerke noch in Betrieb sind.»
«Gleichzeitig müssten Speichermöglichkeiten ausgebaut werden», sagt Richner. Etwa Pumpspeicherkraftwerke, Batterien oder Wasserstoff. Hier kommen die Autos ins Spiel. Auch sie können eine Möglichkeit sein, um überschüssige erneuerbare Energie zu speichern.
Überschüssige Energie als Wasserstoff speichern
Zum batterie-elektrischen Auto gibt es zwei Alternativen, die ebenfalls klimafreundlich sind: Brennstoffzellen und synthetische Treibstoffe.
Bei einem Brennstoffzellenauto wird mit Wasserstoff ein Elektromotor angetrieben. Der Nachteil: Noch ist das Angebot an Fahrzeugen klein, ebenso das Tankstellennetz.
Synthetische Treibstoffe – auch E-Fuels genannt – können aus überschüssigem Ökostrom hergestellt werden. Der Vorteil: Die Treibstoffe werden in gewöhnlichen Verbrennungsmotoren eingesetzt.
Der Nachteil: Auch in Zukunft dürften sie teuer sein als Benzin und Diesel heute. Die Empa spricht von rund 2,40 Franken pro Liter im Jahr 2050.
Richner ist überzeugt, dass es künftig nicht nur eine Antriebstechnologie geben wird. «Alle drei werden sich ergänzen.» Wichtig sei, dass nicht nur die Effizienz der Technologie angeschaut werde, sondern auch, wie sie im ganzen Energiesystem funktioniert.
«Politik soll nur Ziele vorgeben»
Was heisst das für die Politik? Patrick Dümmler, Forscher von Avenir Suisse, rät, dass politische Massnahmen möglichst effizient sein sollen. «Es sollte zu möglichst geringen Kosten möglichst viel CO2 eingespart werden können.»
Besonders wichtig seien technologieneutrale Leitlinien. Unterschiedliche Technologien sollen sich wettbewerblich untereinander entwickeln können. «Die Politik sollte Ziele und Rahmenbedingungen vorgeben, nicht mehr und nicht weniger.»