Verbraucherinnen und Verbraucher können sich in bestimmten Fällen gegen Preiserhöhungen bei Strom und Gas zum Jahreswechsel wehren.
Demo gegen Preiserhöhungen
Demo gegen Preiserhöhungen - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Kunden können sich gegen Erhöhung wehren - Anbieter unterliegen Nachweispflicht.
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Das Bundeswirtschaftsministerium wies am Wochenende darauf hin, dass das geplante Gesetz zu den Preisbremsen auch ein «Missbrauchsverbot» vorsieht: Versorgungsunternehmen dürfen demnach 2023 nur noch die Erhöhung bei den Beschaffungskosten an die Kundschaft weitergeben – darüber hinaus sind Preiserhöhungen illegal. Die Nachweispflicht liegt bei den Unternehmen. Sie müssen selbst darlegen, dass ihre Beschaffungskosten gestiegen sind.

Ein vollständiges Verbot aller Preiserhöhungen bei Strom und Gas sei zwar nicht möglich, hiess es am Wochenende aus dem Wirtschaftsministerium gegenüber AFP. Wohl aber könnten ungerechtfertigte Erhöhungen verboten werden. Dazu erklärte ein Ministeriumssprecher: «Was die Höhe der Preiserhöhungen angeht, gilt, dass die tatsächlichen Beschaffungskosten weiter gegeben werden können, nicht aber darüber hinausgehende Steigerungen.»

Kernstück der geplanten Regelung, die noch vom Parlament verabschiedet werden muss, ist laut Ministerium eine «Beweislastumkehr», die für das Funktionieren der Preisbremsen «sehr wichtig» sei. Bei geplanten Preiserhöhungen müssen die Unternehmen beim Bundeskartellamt «nachweisen, dass die Erhöhung sachlich gerechtfertigt ist, etwa weil die Beschaffungskosten deutlich gestiegen sind», erklärte das Ministerium.

Zahlreiche schon jetzt von den Unternehmen angekündigte Erhöhungen zum Jahreswechsel könnten also illegal sein. Mit der Regelung will das Ministerium nach eigenen Angaben «verhindern, dass künftige Preiserhöhungen bereits allein deshalb erfolgen könnten, weil ja ohnehin der Staat über den Preisdeckel die Kosten trägt».

Bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung einer Preiserhöhung könnten sich Verbraucherinnen und Verbraucher an die Beratungsstellen der Verbraucherzentralen wenden oder anderweitig rechtliche Beratung suchen, empfahl das Ministerium.

Ein Ministeriumssprecher verwies darauf, dass es sich bei den Plänen bislang nur um einen Gesetzentwurf handle; er könne noch im parlamentarischen Verfahren geändert werden.

Die Chefin des Bundes der Energieverbraucher, Leonora Holling, riet den Kundinnen und Kunden zum Widerspruch. «Verbraucher dürfen die Zahlung der Erhöhung zurückhalten», sagte sie der «Bild». Die geplanten Erhöhungen stünden nicht im Verhältnis zur Preisentwicklung an der Börse. «Wir raten Verbrauchern, Widerspruch einzulegen.»

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bezeichnete das Missbrauchsverbot als «absolut richtig», warnte aber zugleich vor einer zu engen Auslegung. Es müsse «sichergestellt sein, dass angemessene und nach den allgemeinen Regeln zulässige Anpassungen weiterhin möglich sind», erklärte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae.

Die Union forderte eine strikte Kontrolle gegen missbräuchliche Preiserhöhungen. «Es darf nicht sein, dass sich schwarze Schafe unter den Energieversorgern auf Kosten der Allgemeinheit eine goldene Nase verdienen», sagte CDU-Vizechef Andreas Jung dem «Tagesspiegel» vom Sonntag. Für die Gas- und Strompreisbremse würden Milliardensummen veranschlagt – dieses Geld sei nicht gedacht, um «Bilanzen von Versorgern aufzubessern».

Die energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Nina Scheer, sagte der «Bild»-Zeitung: «Im Ergebnis muss Missbrauch ausgeschlossen werden.» Ziel sei die Verhinderung von «Mitnahmeeffekte, die Versorgungsunternehmen zu höheren Tarifen animieren», sagte der Sprecher für Energiepolitik der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse.

Unter Berufung auf Zahlen des Verbraucherportals Check24 berichtete «Bild», dass zum 1. Januar massive Preisaufschläge geplant seien. 457 Gas-Versorger planen demnach ein Plus um durchschnittlich 56 Prozent, davon betroffen wären 3,6 Millionen Haushalte. 636 Strom-Versorger planten Erhöhungen um durchschnittlich 60 Prozent für 7,5 Millionen Haushalte.

Die Linkspartei kritisierte die Massnahmen als unzureichend und forderte eine bessere Preiskontrolle. «Jeden neuen Tarif für 2023 muss der Bund bei Strom und Gas genehmigen», sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Sonntagsausgaben). «Wenn der Bund mit Steuerzahlergeld die Rechnung übernimmt, muss er die Verträge kennen und absegnen.»

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