Robert Reich kritisiert Donald Trumps Wirtschaftspolitik scharf
Tiefe Arbeitslosigkeit, schönes Wachstum. Trumps Wirtschaftspolitik scheint auf den ersten Blick aufzugehen. Ein renommierter US-Ökonom hält dagegen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Löhne in den USA kommen nicht vom Fleck.
- Die US-Amerikaner sind heute so hoch verschuldet wie noch nie.
Der US-Präsident hat massiv Gegenwind. Nach einem heiklen Telefonat mit dem Präsidenten der Ukraine droht ihm die Amtsenthebung.
Für Trumps Unterstützer ist das kein Thema. Sie bleiben dem US-Präsidenten treu – auch, weil die Wirtschaft brummt.
Auch wenn die Arbeitslosenquote tief ist: Reich argumentiert, dass der Anteil der Beschäftigten zwischen 18 und 65 Jahren an der Gesamtbevölkerung ist aktuell so tief, wie zuletzt in den 70er Jahren. Damals kletterte die Quote nach oben, weil Mütter und Hausfrauen vermehrt wieder arbeiten gingen.
Im Sommer erreichte die Arbeitslosigkeit den tiefsten Stand seit 50 Jahren. Und trotz Handelsstreit wächst die Wirtschaft. Die US-Börse klettert weiter nach oben. Und im zweiten Quartal verzeichneten die Vereinigten Staaten ein BIP-Wachstum von zwei Prozent.
Beschäftigung ist gesunken
Doch laut Robert Reich, Ökonom und früherer Arbeitsminister unter Präsident Clinton, geht die Rechnung nicht auf. Auf seinem Youtube-Kanal erklärt der Professor der University of California die Gründe.
Einerseits verharrt das Lohnniveau. Der Median-Jahreslohn eines US-Amerikaners lag 1979 bei 43'680 Dollar, wenn man die Teuerung berücksichtigt. «Letztes Jahr lag der Medianlohn bei 45'708 Dollar», kommentiert Reich.
Viele Menschen hätten aufgegeben, einen Job zu suchen, so Reich. Und tauchen darum nicht in der Arbeitslosenstatistik auf.
Auch an der Job-Front läuft nicht alles perfekt. «Fast vier Millionen US-Amerikaner arbeiten in einem Teilzeitjob, weil sie keinen Vollzeitstelle finden.» Oft handle es sich dabei um Freelance-Jobs, bei denen Arbeitnehmer weniger Rechte und Vorteile hätten.
College-Absolventen überqualifiziert
Reich sieht auch Probleme für College-Absolventen. Zehn Prozent der Uni-Abgänger haben heute einen Job, für den sie überqualifiziert sind. Vor zwanzig Jahren lag die Quote noch bei 6,5 Prozent. «Gleichzeitig sind die Kosten für Colleges explodiert», kritisiert Reich.
Wie in der Schweiz explodieren auch in den USA die Krankenkassenkosten. Seit 2008 sind die Beiträge um 55 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Die Löhne legten in der gleichen Zeit um 26 Prozent zu, die Teuerung stieg um 17 Prozent. «Alleine im ersten Halbjahr 2019 sind die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente um 11 Prozent gestiegen.»
Hälfte des Lohnes für Miete
Explodiert sind auch die Preise für Häuser. Die Konsequenz: «Jeder vierte Mieter zahlt mehr als die Hälfte seines Lohnes für die Wohnung», so Reich. Zudem sind die US-Amerikaner heute so stark verschuldet wie noch nie in der Geschichte, selbst wenn man die Inflation berücksichtigt.
Über 80 Prozent der Steuerkürzungen der Trump-Regierung gingen an das reichste Prozent der Bevölkerung, kritisiert der Ökonom. Sein nüchternes Fazit nach fast zwei Jahren Donald Trump: «Die Wirtschaftspolitik der Regierung hat die US-Amerikaner ärmer gemacht.»