Sergio Ermotti hat UBS bereits einmal fundamental umgebaut
In seiner ersten UBS-Zeit zwischen 2011 und 2020 hat er die UBS von einer Universalbank im alten Stil in einen der weltgrössten Vermögensverwalter transformiert.
Dafür zollte ihm die Finanzbranche bei seinem Rücktritt viel Anerkennung. Nun könnte er definitiv in den Olymp der Schweizer Bankenwelt aufsteigen, wenn ihm die Transformation von der alten UBS in die neue UBS gelingen sollte.
Dass Ermotti das Amt übernimmt, kommt irgendwie überraschend, irgendwie aber auch nicht: Mit dem Iren Colm Kelleher als Präsident und dem Niederländer Ralph Hamers als Konzernchef wäre die neue UBS von zwei Nicht-Schweizern geführt worden. Dass das für eine Bank, die mit staatlichen Garantien in Milliardenhöhe unterwegs ist, keine besonders gute Idee ist, war offenbar auch den Beteiligten klar.
Hamers sei bereit gewesen, im «Interesse der neuen Kombination, des Schweizer Finanzsektors und des Landes» zurückzutreten, heisst es denn auch in der heutigen Mitteilung UBS. Dass dann schnell der Name des im Mai 63 Jahre alt werdenden Ermotti fallen würde, war wiederum klar. Erste Analystenstimmen klingen positiv. Man begrüsse die Ernennung von Ermotti, heisst es etwa bei der Bank Vontobel.
Ermottis Name war bereits am vorletzten Wochenende, als die Übernahme verhandelt wurde, von gewissen Seiten ins Spiel gebracht worden. Offensichtlich brauchte es dann aber noch ein paar Tage, um erst seinen Rücktritt als Präsident der Rückversicherers Swiss Re zu organisieren, bevor er als neuer Super-CEO vorgestellt werden konnte.
Beim ersten Mal an der Spitze der UBS hat Ermotti vieles richtig gemacht. Die Bank war bei seinem Amtsantritt geschwächt von der Finanzkrise und von einem Skandal: Ein UBS-eigener Händler hatte der Bank einen Verlust von 2,3 Milliarden Franken beschert, was zum Rücktritt des damaligen Chefs Oswald Grübel führte.
In dieser Situation vertraute der UBS-Verwaltungsrat – damals noch unter Leitung von Altbundesrat Kaspar Villiger – Ermotti die Geschicke der Bank an, zuerst ad interim, zwei Monate später dann auch ohne diesen Zusatz. Dass Ermotti diesen Job erhalten würde, war damals nicht zwingend zu erwarten, zumal er erst ein halbes Jahr vorher von der italienischen Unicredit gekommen war.
Erst zögerlich, zwei Jahre nach dem Amtsantritt aber mit grosser Konsequenz, begann er mit dem Umbau der UBS hin zu einem führenden Vermögensverwalter. Viele Bereiche in der Investmentbank, die der UBS früher hohe Gewinne, zum Teil aber auch riesige Verluste bescherten, wurden abgebaut oder verkauft.
Vor allem vom Anleihen-Geschäft, das der Bank in der Finanzkrise fast das Genick gebrochen hatte, trennte sich Ermotti schnell. Die Investmentbank wurde nicht mehr als eigenständiger Teil der Bank, sondern vielmehr als Zulieferer für das Hauptgeschäft Vermögensverwaltung definiert. Im Gleichschritt mit dem Abbau der Investmentbank baute die UBS ihre Kapitalkraft aus, so dass sie heute gut aufgestellt ist und zu den bestkapitalisierten und damit sichersten Grossbanken der Welt gehört.
Ermotti war mit seiner Strategie ein sogenannter First Mover in der Branche: Die UBS war die erste grosse Bank, die diesen radikalen Schritt wagte und so konsequent auch umsetzte. Die Credit Suisse, welche die Finanzkrise damals relativ gut überstanden hatte, verzichtete jedenfalls auf diesen Schritt. Dies dürfte mit ein Grund sein, dass sie nicht überlebt hat.
Die Ernte aus dieser frühen Transformation – zumindest was den Aktienkurs betrifft – konnte Ermotti allerdings nie einfahren. Das Umfeld nach der Finanzkrise war nämlich plötzlich ein ganz anderes. Das Bankgeheimnis, das den Schweizer Banken über Jahrzehnte hinweg gutes Geld beschert hatte, machte schon bald dem sogenannten automatischen Informationsaustausch Platz und europäische Kunden zogen ihr Geld zum Teil ab.
Daneben machten die Notenbanken mit ihrer weltweit sehr expansiven Geldpolitik und den extrem tiefen Zinsen den Geschäftsbanken das Leben schwer, weil die Margen auf dem verwalteten Geld dadurch permanent unter Druck gerieten. Zudem brachte die Digitalisierung mit der damals neu entstehenden Fintech-Branche eine Konkurrenz für die herkömmlichen Banken ins Spiel, die diese zu Milliarden-Investitionen zwang.
All dies hatte zur Folge, dass die UBS nie ganz so rentabel wurde, wie Ermotti sich das vorgestellt hatte, und sich der Aktienkurs der UBS nicht immer in die von ihm gewünschte Richtung entwickelte. Dass ihm der UBS-Aktienkurs wichtig war, dafür gab es ein schönes Beispiel. So hatte er selbst Ende Oktober 2018 im Anschluss an einen Investorentag mit neuen Wachstumsplänen UBS-Aktien für 13 Millionen Franken gekauft und dies auch die Öffentlichkeit wissen lassen.
Ermotti gehörte in den Jahren bei der UBS immer zu den bestbezahlten Schweizer CEOs und verdiente jeweils einen zweistelligen Millionenbetrag. Insgesamt hatte er über die neun Jahre seiner ersten Amtszeit weit mehr als 100 Millionen Franken verdient. Kritik an solch hohen Entschädigungen hörte er nicht gerne und beantwortete entsprechende Fragen von Journalisten denn auch jeweils eher mürrisch.
Insgesamt war Ermotti in der Schweiz zwar nicht omnipräsent, aber er gehört(e) aufgrund seiner Position automatisch zur hiesigen Prominenz. Er äusserte sich zwischendurch auch politisch und stellte gewisse Forderungen, was angesichts der staatlichen Rettung der Bank 2008 nicht überall auf Gegenliebe stiess.
Aber auch gesellschaftlich war er keine graue Maus. In Anspielung auf sein Äusseres – er tritt stets mit gut sitzender Frisur und adretter Kleidung auf – wurde er gelegentlich gar «George Clooney vom Paradeplatz» genannt. Und er war sich auch zwischendurch für ein Spässchen nicht zu schade. So machte er 2014 für einen guten Zweck an der sogenannten Ice Bucket Challenge mit und schüttete sich dabei einen Kübel eiskaltes Wasser über den Kopf.