Silbermarkt beruhigt sich nach spekulativem Trubel

Keystone-SDA
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Zürich,

Silber geriet im Februar wegen Diskussionen auf der Plattform Reddit kurzzeitig ins Visier spekulativer Kleinanleger. Inzwischen hat sich die Lage aber wieder beruhigt. Und die Anleger befinden sich derzeit eher wieder auf dem Rückzug.

Endeavour Silver
In Fünfergruppen gestapelt liegen Silberbarren bei der Deutschen Gold- und Silberscheideanstalt. Foto: picture alliance / dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Februar war der Silberpreis zeitweise auf mehr als 30 Dollar gestiegen und hatte den höchsten Stand seit Anfang 2013 erreicht.

Aktuell werden wieder Preise von ungefähr 26 US-Dollar pro Feinunze (31,1 Gramm) des Edelmetalls bezahlt. Das sind etwa ähnliche Kurse wie im Januar.

Somit hat sich der Trubel um den Einstieg spekulativer Anleger wieder gelegt. Im Nachgang an den Hype um die Aktien des Videospielhändlers Gamestop hatte sich das Edelmetall verstärkt zum Spekulationsobjekt am Finanzmarkt entwickelt.

Wie zuvor bei den heiss gehandelten Aktien der angeschlagenen Firma führten Marktbeobachter das Kursrally massgeblich auf konzertierte Käufe von Privatanlegern zurück, die sich auf dem Internetforum Reddit organisiert hatten. Diese massiven Zuflüsse ins Silber hätten sich inzwischen aber grösstenteils wieder rückgängig gemacht, schreibt Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch in seinem aktuellen Rohstoffkommentar.

Dass kein längerfristiger Effekt des kurzen Hypes zu spüren war, sei grundsätzlich keine Überraschung, sagt auch Julius Bär-Experte Carsten Menke zur Nachrichtenagentur AWP. «Der Silbermarkt wird im Gegensatz zu US-Aktien wie auch Gamestop nicht stark geshortet, zumindest nicht von der Wallstreet», erklärt er.

Die grössten Short-Positionen im Silbermarkt hielten stattdessen klassische kommerzielle Marktteilnehmer, d.h. zum Beispiel Silberproduzenten. «Dementsprechend konnte es gar nicht zum beabsichtigten 'Short-Squeeze' kommen und das Thema hat sich wieder beruhigt», führt Menke aus.

Somit dürften nun wieder die eher klassischen Faktoren für die Preisbildung am Silbermarkt zum Tragen kommen. Im Vergleich zum «grossen Bruder» Gold gilt dabei: Silber ist ein Metall, das - anders als Gold - stark von der Industrie nachgefragt wird. Damit sei sein Preis nicht nur den Stimmungen von Anlegern ausgesetzt, sondern auch konjunkturellen Entwicklungen, führt Gérard Piasko, Anlagechef bei der Privatbank Maerki Baumann, aus.

Insgesamt gehen 50 bis 60 Prozent des verkauften physikalischen Silbers in die Industrie. Zum Vergleich: Beim Gold sind es knapp 10 Prozent. Entsprechend sei der Silberpreis aber auch volatiler als der Goldpreis, sagt Piasko. Denn im Gegensatz zu Gold habe Silber nur begrenzt eine Funktion als «sicherer Hafen».

Nicht ganz einverstanden mit dieser Analyse ist Carsten Menke von Julius Bär. Es sei unbestritten, dass es für Silber eine grosse Nachfrage aus der Industrie gibt. Allerdings hätten in den letzten Jahren viele Firmen in der Produktion Silber durch Aluminium und Kupfer ersetzt, etwa im Bereich der Photovoltaik.

Dafür sei die Anlegernachfrage als Einflussfaktor für die Preisentwicklung in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Das habe sich gerade im letzten Jahr gezeigt: Da sei der Einfluss der Anlegernachfrage auf den Silbermarkt deutlich geworden.

Massive Zuflüsse in physisch hinterlegte Silberprodukte in Höhe von 9'300 Tonnen (25% des jährlichen Angebots) zwischen März 2020 und September 2020 hätten nämlich den erwähnten Preisanstieg von 12 auf 26 Dollar je Feinunze bewirkt, so der Analyst.

«In diesem Zeitraum konnte sich das Silber deutlich besser als das Gold entwickeln, was darauf hindeutet, dass Anleger zu jener Zeit sehr von der Idee angetan waren, dass das Gelddrucken der Zentralbanken zu stark steigender Inflation oder gar einer monetären Krise führen wird.» Denn nur in einer solch monetären Krise könne Silber als «sicherer Hafen» angesehen werden, im Gegensatz zu einer Wirtschaftskrise, die auf der industriellen Nachfrage lasten würde.

Diese Interpretation ist wichtig, wenn es darum geht, eine Preisprognose für die nächsten Monate zu wagen. «Insgesamt erscheint uns der Silberpreis aktuell noch erhöht, wenn wir unterstellen, dass die Nachfrage der Anleger nach sicheren Häfen im Zuge der wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Krise nachlassen wird», so Menke.

Alles in allem rechne er damit, dass der Silberpreis in den nächsten 12 Monaten in Richtung 20 Dollar je Unze fallen werde, sagt er zu AWP. Grundsätzlich ähnlich klingt es bei der Commerzbank. Die spekulativen Netto-Long-Positionen seien Anfang März auf das niedrigste Niveau seit August 2020 gefallen, heisst es dort. Dass sich die Feinunze noch bei ihrem aktuellen Preis von 26 Dollar halten könne, sei daher «erstaunlich».

Optimistischer ist Piasko, der die konjunkturelle Komponente beim Edelmetall stärker gewichtet. «Silber dürfte dieses Jahr von der Konjunkturerholung profitieren», sagt er im Gespräch mit AWP. Er hält höhere Preise durchaus für möglich.

Ähnlich klingt es bei Alexander Zumpfe vom deutschen Edelmetallhändler Heraeus, der ebenfalls auf die industrielle Nachfrage setzt. «Diese dürfte in den kommenden Monaten und Jahren von der US-Umweltpolitik profitieren: Präsident Joe Biden hat sich die Förderung von grünen Investitionen auf die Fahnen geschrieben», sagt er zu AWP.

Er gehe davon aus, dass Silber von Investitionen in die Solarwirtschaft profitieren werde, was die Nachfrage ankurbeln könnte. Und weiter: «Dieser Effekt könnte noch stärker ausfallen, wenn sich die Konjunktur von ihrem Corona-Schock erholt. Hier sorgt auch das Konjunkturprogramm von US-Präsident Biden für Fantasie.»

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