Sind die Tage für Schweizer Messen gezählt?
Das Wichtigste in Kürze
- Dieses Jahr verzeichnete die BEA leicht weniger Besucher.
- Bei Baselworld und Autosalon ist das Minus allerdings deutlich bemerkbarer.
- Gerade auf dem Land sind Messen weiterhin sehr beliebt.
Werner Niederwinkler kennt die BEA in- und auswendig. Zum ersten Mal hatte der Saftpressenmann vor 28 Jahren einen Stand an der Berner Traditionsmesse. Jetzt ist er unzufrieden.
In einem Facebook-Video lässt er seiner Wut freien Lauf. Als «lausig» beizeichnete der Linzer die Messe, denn: «Es kommen wenig Leute.»
Er denke nicht mal an Gewinn. «Es ist eine gewaltige Abwärtsspirale im Gang.» Die Digitalisierung verändere das Kaufverhalten.
Heute haben die BEA-Veranstalter ihre Zahlen publiziert. Rund 290'000 Besucher pilgerten nach Bern, 10'000 weniger als im Vorjahr. «Die letzten 20 Jahre waren konstant», sagt Bernexpo-Sprecher Adrian Erni zu Nau.
Einbruch wegen Hockey-WM
«Einen massiven Einbruch hatten wir 2009, als die BEA um drei Wochen nach hinten geschoben wurde.» Grund war damals die Hockey-WM.
Erni hält fest, dass die Türen für die Aussteller immer offen seien. «Kritik ist immer gut, aber nicht in dieser Art und Weise», kommentiert er Niederwinklers Aussagen.
Dieses Jahr sei wettertechnisch eher schwierig gewesen – «darunter leiden die Aussteller auf dem Freigelände. Wenn es sommerliche Temperaturen hat, ist genau umgekehrt.» Auch Niederwinklers Stand war unter freiem Himmel.
Fakt ist: Diese Tage sorgen Messen immer wieder für Negativ-Schlagzeilen. Die Mustermesse Muba in Basel machte diesen Februar die Tür für immer zu – nach 103 Jahren.
Besucher- und Ausstellerschwund an Baselworld
Gekämpft wird auch an der Baselworld. Nach der Absage der Swatch-Marken folgte 2019 ein Besucherschwund. Noch 81'200 nahmen teil, 22 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Auch nächstes Jahr dürfte herausfordernd werden: Nach Swatch zieht sich auch die Kult-Marke Breitling aus Basel zurück.
An der gleichen Front kämpft der Autosalon in Genf. Namhafte Hersteller wie Opel, Ford, Hyundai oder Tesla liessen die Messe im Stich. Dieser Trend betrifft global alle Auto-Messen. Die Hersteller präsentieren vermehrt ihre Fahrzeuge an eigenen Anlässen – so ist das Medienecho grösser.
Mit den Ausstellern ging auch die Besucherzahl zurück. 602'000 Personen zog es im Frühling nach Genf, 2007 waren es noch 730'000.
Während die Fachmessen kämpfen, sieht das Bild bei Publikumsmessen besser aus. Bei der Olma sind die Zahlen in den letzten Jahren – ähnlich wie bei der BEA – stabil geblieben.
Grosses Interesse auf dem Land
Einen leichten Rückgang verbuchten zuletzt auch die Ostschweizer, wofür man primär das Wetter verantwortlich macht. Trotzdem lockte die Messen im Vorjahr 351'000 Besucher an.
Ähnlich bei der Zentralschweizer Luga. Dort blieb die Besucherzahl in den letzten Jahren stabil, gleich bei der Solothurner Heso.
Schweizweit gibt es heute 50 Konsumgütermessen, wofür sich 12'000 Aussteller anmelden. Gerade auf dem Land sind die Plätze für Aussteller schnell ausgebucht. Gezählt werden jährlich rund vier Millionen Eintritte.
Den günstigen Haarföhn kauft man heute im Netz. Doch trotz Trend zu Online-Shopping ist klar: Zumindest die Tage der Publikumsmessen sind noch lange nicht gezählt.